Jahresberichte

Jahresbericht 2022

Berichtszeitraum 1. Januar 2022 - 31. Dezember 2022

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Auszug aus dem Jahresbericht 2022:

1. Besonders kritische Feststellungen

Die Nationale Stelle besuchte im Jahr 2022 insgesamt 66 Orte der Freiheitsentziehung und beobachtete vier Abschiebungsmaßnahmen. Einen besonderen Schwerpunkt legte sie hierbei auf Besuche von Einrichtungen des Maßregelvollzugs bzw. der forensischen Psychiatrie. Zudem fokussierte sie sich auf Einrichtungen des Justizvollzugs, bei deren Besuch sie wiederholt die mangelnden Behandlungs- und Betreuungsmöglichkeiten für psychisch kranke Gefangene kritisierte. Unverhältnismäßig lange Absonderungen und Unterbringungen in besonders gesicherten Hafträumen stehen regelmäßig in direktem Zusammenhang mit unbehandelten psychischen Störungen und Erkrankungen der Gefangenen.

Im Rahmen ihrer Besuche erfasste die Nationale Stelle eine große Anzahl an problematischen Sachlagen – seien sie von struktureller, systematischer oder situationsbedingter Natur. Eine ausführliche Beschreibung dieser Situationen in allen besuchten Einrichtungen wird nach Einrichtungsart bzw. nach Bundesland in den folgenden Kapiteln ausgeführt.
An dieser Stelle werden ausschließlich die einschneidendsten Probleme dargelegt, die während des Jahres 2022 konstatiert wurden. So stieß die Nationale Stelle auf die folgenden gravierenden Situationen, die eine eklatante Verletzung der Menschenwürde bedeuteten und in einigen Fällen dazu führten, dass die zuständige Ministerin oder der zuständige Minister diesbezüglich unmittelbar in Kenntnis gesetzt wurde.

Abschiebungen

Abschiebungen von Familien mit Kindern, darunter Kleinkinder und Säuglinge, finden in Deutschland regelmäßig statt. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 2196 Minderjährige abgeschoben1, darunter auch Kinder in besonders vulnerablen Situationen. Trotz eindringlicher Empfehlungen musste die Nationale Stelle feststellen, dass die Achtung des Kindeswohls bei Abschiebungsmaßnahmen regelmäßig nicht ausreichend berücksichtigt wird. U.a. werden Abzuschiebende in der Mehrheit der Fälle zur Nachtzeit abgeholt, unabhängig davon, ob Kinder oder andere vulnerable Personen von der Maßnahme betroffen sind. Insbesondere für kleine Kinder bedeutet eine Abholung zur Nachtzeit nicht nur eine empfindliche Störung ihres gesunden Schlafrhythmus, sondern kann zu Traumata bei der Verarbeitung des Erlebten führen.

Absonderung

Sowohl im Maßregelvollzug als auch im Justizvollzug wurden Personen über mehrere Wochen, sogar Monate, von anderen Personen abgesondert untergebracht.2 Sie erhielten lediglich eine eingeschränkte Betreuung, auch wurden ihnen kaum Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten. Erschwerend kam hinzu, dass ihnen teilweise selbst die Möglichkeit verwehrt wurde, eine Stunde im Freien zu verbringen.
Besonders gesicherter Haftraum
Die besonders gesicherten Hafträume einer besuchten JVA gleichen einem „Glaskäfig“. Die dort untergebrachten Gefangenen befinden sich hinter einer Glasfassade und müssen, um sich verständigen zu können, auf dem Boden liegen oder knien und durch die sich dort befindende Kostklappe sprechen. Durch ebenjene in Fußbodenhöhe angebrachte Kostklappe werden auch die täglichen Essensrationen gereicht. Diese Bedingungen führen zu einer erniedrigenden Situation für die betroffenen Gefangenen und zu einer menschenunwürdigen Unterbringung.3

Fixierung

Die Regelungen zu Fixierungen in den landesrechtlichen Gesetzen zum Maßregelvollzug im Saarland, in Niedersachsen, Berlin und Sachsen-Anhalt stehen auch nach mehr als drei Jahren seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 24. Juli 20184 noch nicht in Einklang mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Richtervorbehalt für Fixierung

In einer Klinik der Kinder und Jungendpsychiatrie fiel auf, dass die wiederholte Fixierung einer Person für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen durch einen einzigen richterlichen Beschluss genehmigt wurde. Eine weitere regelmäßige externe Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme fand in diesem Zeitraum nicht statt.5

Fixierung ohne Bekleidung

In einer JVA stellte die Nationale Stelle wie schon bei ihrem Erstbesuch im Jahr 2012 fest, dass die betroffenen Personen, während der gesamten, auch länger andauernden Fixierung nahezu vollständig entkleidet sind. Es erfolgt lediglich das Anlegen einer Unterbekleidung aus Papier. Die beschriebene Verfahrensweise ist schamverletzend und stellt eine entwürdigende Behandlung dar.6

Kriseninterventionsraum

Einige Kriseninterventionsräume in Einrichtungen des Maßregelvollzugs sind mit keinerlei sanitären Einrichtungen ausgestattet. Darüber hinaus wurde den betroffenen Personen der Gang auf eine Toilette regelmäßig nicht ermöglicht. Sie waren demnach gezwungen, ihre Notdurft auf sogenannten Steckbecken zu verrichten, während der Raum von der Überwachungskamera ohne jegliche Verpixelung voll erfasst wurde. Die Situation war allein schon deshalb untragbar, weil der Eimer, in welchem die Ausscheidungen der untergebrachten Personen erfolgten, von diesen durch die Kostklappe – zur Übergabe der Verpflegung – nach draußen zum Pflegepersonal weitergereicht werden musste.7

Mehrfachbelegung

Die Mehrzahl der Einrichtungen im Maßregelvollzug ist überbelegt. Das führt in vielen Fällen zu einer Mehrfachbelegung der Patientenzimmer, in einem Fall sogar bis zu einer Vollbelegung eines Fünf-Bett-Zimmers. Selbst bei ausreichender Zimmergröße ist eine Belegung mit drei und mehr psychisch oder suchtkranken Personen problematisch. Die mangelnde Privatsphäre kann Aggressionen auslösen und Zwischenfälle provozieren. Sie kann zu Konflikten zwischen den untergebrachten Personen führen sowie die medizinische und therapeutische Behandlung deutlich erschweren und den angestrebten Behandlungserfolg verzögern.8

Mehrfachbelegung und abgetrennte Toiletten ohne Entlüftung

Die Nationale Stelle hat in Erfahrung gebracht, dass Gefangene auch weiterhin in Doppelhafträumen ohne abgetrennte Toilette untergebracht werden.9 In einer solchen Situation wird die durch Artikel 1 Abs. 1 GG geschützte Menschenwürde verletzt.10
In einer JVA wurden Hafträume mit bis zu drei Gefangenen belegt, die zwar über abgetrennte Toiletten verfügten, in denen die Kohlefilter zum Besuchszeitpunkt allerdings nicht funktionsfähig waren. Eine natürliche Belüftung wurde erschwert, da die Gefangenen die Fenster in den Hafträumen nicht eigenständig öffnen konnten.11

1 Erhebung der Bundespolizei.
2 Näheres z.B. unter IV3.1 für den Maßregelvollzug und unter V1.1.1 für den Justizvollzug.
3 Näheres unter V2.2.
4 BVerfG, Urteil vom 24.07.2018, Az.: 2 BvR 309/15.
5 Näheres unter VI 3.3.1.
6 Näheres unter V1.1.4.
7 Näheres unter IV4.1.1.
8 Näheres unter IV1.2.
9 Dies ist z.B. in Baden-Württemberg der Fall (u.a. JVA Heilbronn, Besuch vom 14. April 2023).
10 Vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 22.02.2011, Az.: 2 BvR 409/09; Lübbe-Wolff (2016) „Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Strafvollzug und Untersuchungshaftvollzug“, S. 269; EGMR, 05.04.2013, Canali gegen Frankreich, Individualbeschwerde Nr. 40119/09; OLG Karlsruhe, Urteil vom 19.07.2005, 12 U 300/04.
11 Näheres unter V2.1.2.

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Jahresbericht 2021

Berichtszeitraum 1. Januar 2021 – 31. Dezember 2021

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Auszug aus dem Jahresbericht 2021:

Zusammenfassung

Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter führte im Jahr 2021 insgesamt 30 Besuche in Alten- und Pflegeheimen, in Gewahrsamseinrichtungen der Bundes- und Landespolizei sowie des Zolls, in Vollzugseinrichtungen der Bundeswehr, im Justizvollzug und in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendpsychiatrie durch. Zudem lag ein besonderer Schwerpunkt der Besuche auf Einrichtungen des Maßregelvollzugs bzw. der forensischen Psychiatrie und auf der Beobachtung von Abschiebungsmaßnahmen.

Alle besuchten Einrichtungen waren von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Die Nationale Stelle passte ihre Empfehlungen zum Umgang mit der Pandemie an.3 Bei den urchgeführten Besuchen wurde ein besonderer Fokus auf die getroffenen Infektionsschutzmaßnahmen, deren Auswirkungen sowie auf Ausgleichsmaßnahmen gelegt. Zur Ergänzung ihrer Beobachtungen wandte sich die Nationale Stelle zudem erneut schriftlich an bereits besuchte Einrichtungen der Altenpflege und der Kinder- und Jugendhilfe.

Im Maßregelvollzug und im Justizvollzug werden alle neu aufgenommenen Personen zunächst in Quarantäne von anderen Untergebrachten separiert um die Einrichtungen vor Infektionseinträgen zu schützen. In allen besuchten Einrrchtungen erfolgte dies unter weitgehender Abschottung der Gefangenen bzw. Patientinnen und Patienten von der restlichen Einrichtung in Einzelunterbringung. Die Dauer der Quarantänemaßnahmen schwankte hierbei zwischen 2 und 14 Tagen. Die Nationale Stelle empfiehlt, dass Quarantänemaßnahmen im Rahmen der medizinischen Notwendigkeit so kurz wie möglich andauern sollen. In mehreren besuchten Justizvollzugsanstalten empfahl die Nationale Stelle zudem eine verstärkte Betreuung während der Quarantäne. Die erhobenen Impfquoten des Personals der besuchten Einrichtungen unterschieden sich mit Werten zwischen 50 % und 90 % stark voneinander und sollen gegebenenfalls zum Schutz der untergebrachten Personen angehoben werden. Es ist nach Auffassung der Nationalen Stelle eine Verpflichtung der Einrichtungen, die Einschränkungen durch die Pandemie gering zu halten und bestmöglich auszugleichen. Dies gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche im Freiheitsentzug.

Erhobene Informationen und Empfehlungen zum Umgang mit der Pandemie werden in einem gesonderten Kapitel tabellarisch dargestellt.4

Im Rahmen des Schwerpunktbereiches Abschiebungen beobachtete die Nationale Stelle, dass seit Beginn der Corona-Pandemie die Abholungen von Abzuschiebenden zur Nachtzeit stark zunehmen. Dies gilt auch für betroffene Familien mit Kindern, bei denen hierdurch das Kindeswohl gefährdet wird und Traumata hervorgerufen werden können.

Voraussetzung für die Durchführung von Abschiebungen war in vielen Fällen das Vorliegen eines negativen Testnachweises. Nicht immer lagen alle Testergebnisse bei der Zuführung am Flughafen vor. Als sich bei einer Abschiebung von Frankfurt nach Baku ein Test im Nachhinein als positiv herausstellte, wurde die Abschiebung der betroffenen Person zwar abgebrochen, die Abschiebung ihrer Kontaktperson jedoch fortgesetzt. In anderen Fällen verweigerten Abzuschiebende den Corona-Test, was zu einer zwangsweisen Durchführung führt. Die Nationale Stelle hält die Anwendung unmittelbaren physischem Zwangs bei der Durchführung von
Corona-Tests (durch Nasen- und Rachenabstriche oder Speichelproben) generell für gefährlich, da sie bei den betroffenen Personen zu schweren Verletzungen führen kann.

Im Rahmen der Besuche im Schwerpunktbereich Maßregelvollzug/forensische Psychiatrie kritisierte die Nationale Stelle in mehreren Maßregelvollzugseinrichtungen die dortigen Überbelegungen. In vielen besuchten Einrichtungen ist die Unterbringung in Doppelzimmern die Regel, auch Belegungen mit drei oder vier Personen in einem Raum wurden vorgefunden, was häufig zu Streit und Stresssituationen führt. Zur
Ergänzung der Besuche führte die Nationale Stelle eine Abfrage zu den Belegungszahlen des Maßregelvollzugs in allen Bundesländern durch. In allen Ländern ergaben sich hohe Belegungszahlen von 94 % oder höher. Der Maßregelvollzug mehrerer Länder waren zu 100 % belegt, fünf Bundesländer gaben Belegungszahlen von über 100 % bis maximal 111 % an. Dies führt auch zu Qualitätseinbußen bei der Behandlung der Patientinnen und Patienten. Es soll sichergestellt werden, dass die Belegung der Patientenzimmer keine Therapieerschwernisse nach sich zieht und der Schutz der Privatsphäre der Patientinnen und Patienten
gewährleistet ist. Die Nationale Stelle ist der Auffassung, dass im Maßregelvollzug die regelmäßige Unterbringung in Einzelräumen – wie auch im Justizvollzug – gesetzlich vorgesehen und umgesetzt werden soll. Die Nationale Stelle forderte in mehreren besuchten Einrichtungen, auf den nur aus organisatorischen Gründen erfolgenden Nachteinschluss zu verzichten. Zudem prüfte die Nationale Stelle die landesgesetzlichen Regelungen im Maßregelvollzug zur Anordnung und Durchführung von Fixierungen auf Vereinbarkeit mit den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 24. Juli 2018.5 Insbesondere im Saarland, in Thüringen, Berlin, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt entsprechen die gesetzlichen Regelungen auch mehr als drei Jahre nach dem Urteil nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Auch in den besuchten Justizvollzugsanstalten kritisierte die Nationale Stelle die Unterbringungssituation der Gefangenen. Wie schon von der Nationalen Stelle 2017 festgestellt, verletzt die Unterbringungssituation in der JVA Karlsruhe die Menschenwürde der in Doppelhafträumen ohne abgetrennte Toilette untergebrachten Gefangenen. Die dringend notwendige Auflösung der Situation konnte das Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg nicht zusagen. Dort wird zudem die Mindestgröße der Hafträume für eine menschenwürdige Unterbringung unterschritten, das gilt auch für die JVA Landsberg am Lech (Bayern). Durch die Überbelegungssituation in den Justizvollzugsanstalten Schwäbisch-Hall und Karlsruhe haben sich die Haftbedingungen für alle Gefangenen verschlechtert. Für die besuchte JVA Tegel empfiehlt die Nationale Stelle die zügige Umsetzung des geplanten kompletten Neubaus der dortigen Teilanstalt II. Aus Sicht der Nationalen Stelle bestehen Zweifel an der Eignung des aktuellen Gebäudes für die Unterbringung von Gefangenen. Häufig empfhielt die Nationale Stelle, Durchsuchungen mit Entkleidung nicht routinemäßig, unabhängig von fallbezogenen Verdachtsgründen, durchzuführen. Durchsuchungen, die mit einer Entkleidung und Inaugenscheinnahme des Schambereichs verbunden sind, stellen nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte bei anlasslos erfolgender körperlicher Durchsuchung eine erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK fest.

Erfreulich ist, dass das Bayerische Staatsministerium der Justiz in Folge der Besuche der Justizvollzugsanstalten Straubing und Landsberg am Lech eine künftig dem Stand in den anderen Bundesländern angepasste Telefonregelung für die Gefangenen im bayerischen Justizvollzug zusagte.

Häufig stellt die Nationale Stelle bei Besuchen in Justizvollzugsanstalten fest, dass die psychiatrische Versorgung psychisch kranker Gefangener nur unzureichend ist. Mangels adäquater Versorgung bleiben Gefangene für lange Zeiten abgesondert oder fixiert, während bestimmte Krankheitsbilder sich unbehandelt weiter verschlechtern können. Die Nationale Stelle hält eine umfassende wissenschaftliche Untersuchung hierzu für erforderlich.

Ein besonderes Problem stellt aus Sicht der Nationalen Stelle die Praxis der sogenannten „Schluckertoiletten“ im Gewahrsam des Zolls dar. Zur Sicherung der Beweismittel werden im Zollfahndungsamt (ZFA) Frankfurt a. M., Dienstsitz Flughafen, in Gewahrsam genommene „Bodypacker“, die Drogenpäckchen inkorporiert haben, zum Toilettengang auf eine von Bediensteten einsehbare „Schluckertoilette“ verwiesen und durchgehend beobachtet. Während des Gewahrsams erfolgt jedoch keine medizinische Überwachung. Das sogenannte „Bodypacker-Syndrom“ kann durch eine Beschädigung der Behältnisse schnell zum Tod der betroffenen Person führen. Anders als in Frankfurt wird im ebenfalls besuchten ZFA München, Dienstsitz München Flughafen, eine medizinische Überwachung in einer Klinik gewährleistet.

Beim Besuch des Gewahrsams im Polizeipräsidium Düsseldorf empfahl die Nationale Stelle erneut, im Polizeigewahrsam auf die Durchführung von Fixierungen zu verzichten. Die Polizei in einer Vielzahl von Bundesländern sowie die Bundespolizei verzichten bereits auf diese Praxis. In aller Regel können die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an Fixierungen wie eine Ein-zu-eins-Betreuung durch therapeutisches oder pflegerisches Personal im Polizeigewahrsam nicht sichergestellt werden.

In einem besuchten Alten- und Pflegeheim in Hessen kritisierte die Nationale Stelle unter anderem, dass eine Evakuierung immobiler Personen im Brandfall aufgrund der baulichen Gegebenheiten nur mit starker Verzögerung gewährleistet werden kann.

___________________________
3
Siehe hierzu im Kapitel III – Corona-Pandemie.
4 Tabelle 1 im Kapitel III – Corona-Pandemie.
5 BVerfG, Urteil vom 24.07.2018, Az: 2 BvR 309/15.

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Jahresbericht 2020

Berichtszeitraum 1. Januar 2020 – 31. Dezember 2020

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Auszug aus dem Jahresbericht 2020

Besonderes Kapitel: Corona-Pandemie

Zusammenfassung

Der Schwerpunkt der Tätigkeiten der Nationalen Stelle im Jahr 2020 war durch die Corona-Pandemie bestimmt, worauf in diesem Jahresbericht eingegangen wird. Die Nationale Stelle erprobte hierbei eine Reihe neuer Handlungsweisen und Arbeitsmethoden, die zum Teil auch nach der Pandemie beibehalten werden können. Daneben enthält dieser Jahresbericht im Vergleich zu den Vorjahren eine weitere Neuerung: Die Nationale Stelle veröffentlicht die wichtigsten Inhalte ihrer Stellungnahmen zu im Entwurf befindlichen Gesetzesvorschriften.

In den einzelnen Kapiteln sind die folgenden Inhalte besonders hervorzuheben:

Im Kapitel Allgemeine Informationen über die Nationale Stelle wird auf die weiterhin bestehende Kritik an der Ausstattung der Nationalen Stelle hingewiesen. Vor diesem Hintergrund ist auch die seit mehr als einem Jahr ausstehende Besetzung eines Mitgliederpostens in der planmäßig aus zwei Mitgliedern bestehenden Bundesstelle von Belang.

Im Dezember 2020 besuchte das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter (CPT) Deutschland. Während die besuchten Einrichtungen schon öffentlich bekannt gemacht worden sind1, steht eine Veröffentlichung des Berichts und der Stellungnahme Deutschlands noch aus. Die Nationale Stelle wies die Besuchsdelegation des CPT im Vorfeld auf verschiedene Missstände hin.

Im Rahmen der Schengen-Evaluierung2 Deutschlands wurde das Fehlen eines wirksamen Mechanismus zur Rückführungsbeobachtung, wie in der EU-Rückführungsrichtlinie vorgesehen, problematisiert. Die Nationale Stelle beobachtet Abschiebungen entsprechend ihrem Mandat aus Artikel 4 OPCAT, sie kann die Aufgabe der Rückführungsbeobachtung nach der Rückführungsrichtlinie im Rahmen ihrer aktuellen Mittel jedoch nicht zusätzlich übernehmen.

Aufgrund der Corona-Pandemie hat die Nationale Stelle Besuche unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt. Während der beiden Wellen der Pandemie und den damit einhergehenden sogenannten Lockdown-Maßnahmen haben die Mitglieder ihre Besuche vorübergehend ausgesetzt. Um sich über die Auswirkungen der Pandemie an Orten der Freiheitsentziehung informieren zu können, hat die Nationale Stelle schriftliche Abfragen bei allen zuständigen Bundes- und Landesministerien und bei einzelnen Einrichtungen in ihrem Mandatsbereich durchgeführt. Das wichtigste Ergebnis ihrer Arbeit während der Pandemie sind Empfehlungen zum Umgang mit dem Coronavirus an Orten der Freiheitsentziehung. Dort wurden vielfach Maßnahmen zum Schutz vor der Ausbreitung des Virus getroffen. Viele dieser Schutzmaßnahmen bedeuten jedoch für die Betroffenen schwere Grundrechtseinschnitte mit zum Teil einschneidenden Folgen. Eine Isolierung der untergebrachten Personen muss vermieden beziehungsweise so kurz wie möglich gestaltet werden. Isolierte Personen sind intensiv im Rahmen aufsuchender Angebote zu betreuen. Einschränkungen sind durch neu zu schaffende Beschäftigungs- und Kontaktmöglichkeiten auszugleichen. Diesen Prinzipien wurden jedoch nicht alle Bundesländer gerecht. In Bezug auf einzelne Einrichtungstypen werden weitergehende, spezifische Empfehlungen formuliert; auf einzelne bedenkliche Praktiken wird hingewiesen.

Das Kapitel Standards enthält die bewährten Standards der Nationalen Stelle, die für einen menschenrechtskonformen Vollzug von Freiheitsentziehungen unabdingbar sind. Erstmals werden diese auch für Arrestmaßnahmen im Bereich der Bundeswehr formuliert.

Im Kapitel Besuche wird über die im Jahr 2020 formulierten Empfehlungen der Nationalen Stelle an konkrete Einrichtungen berichtet. Die Aufsichtsbehörden der jeweiligen Einrichtungen sind nach Artikel 22 OPCAT dazu verpflichtet, mit der Nationalen Stelle in einen Dialog über die Umsetzung der Empfehlungen zu treten. Jedoch wurde nicht in allen Fällen eine Notwendigkeit zum Umsetzen dieser Maßnahmen erkannt. Während häufig die Umsetzung von Empfehlungen der Nationalen Stelle zugesagt wurde, waren nach den Besuchen der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt in Hessen und der Justizvollzugsanstalt Karlsruhe in Baden-Württemberg erneute Erwiderungen der Nationalen Stelle nötig.

Nach dem Besuch der Justizvollzugsanstalt Karlsruhe kritisierte die Nationale Stelle erneut die Doppelbelegung von Hafträumen, in denen sich neben einem Stockbett auf einer Grundfläche von 8 qm zusätzlich eine Toilette befindet, die lediglich durch eine Schamwand abgetrennt ist. Gefangene in der Justizvollzugsanstalt Karlsruhe sind hierbei dazu gezwungen, ihren Toilettengang im Beisein von Anderen zu verrichten. Gerüche und Geräusche verbreiten sich im Raum. Diese Unterbringungsbedingungen sind besorgniserregend und verletzen die Menschenwürde, worauf die Nationale Stelle bereits im Jahr 2017 hingewiesen hatte. Sie sind unverzüglich abzustellen, werden im Verantwortungsbereich des Ministeriums der Justiz Baden-Württemberg jedoch weiterhin praktiziert.

Nach ihrem Besuch der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt kritisierte die Nationale Stelle unter anderem das Fehlen einer Möglichkeit, ungestört zu telefonieren. Zudem ist für die dortigen Gefangenen in der Sicherungsverwahrung nicht erkennbar, ob ihre Telefonate mitgehört werden oder nicht. Die Überwachung von Telefongesprächen muss stets im Einzelfall angekündigt werden.

Bei Besuchen in forensischen Psychiatrien fielen bereits in der Vergangenheit immer wieder Fälle auf, in denen Personen über Wochen hinweg ohne Zugang zur Gemeinschaft in separaten Räumen abgesondert wurden, so auch bei dem Besuch einer forensischen Klinik in Thüringen. Unzureichende soziale Kontakte und ständige Isolierung wirken sich in der Regel negativ auf den psychischen Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten aus.

Im Bereich Abschiebungshaft ist die Nationale Stelle der Auffassung, dass nur ein spezifisches (Landes-) Gesetze deren Vollzug ausreichend regeln kann. Hierauf wurde auch nach dem Besuch der Abschiebungshafteinrichtung Eichstätt in Bayern erneut hingewiesen. Eine Umsetzung in der Form eines Landesabschiebungshaftvollzugsgesetzes lehnt das Bayerische Staatsministerium der Justiz weiterhin ab. Zudem sind die Sicherungsmaßnahmen in vielen Abschiebungshafteinrichtungen in Deutschland nach der Ansicht der Nationalen Stelle nicht verhältnismäßig und lassen keine Umsetzung des Abstandsgebotes zum Strafvollzug erkennen.

Auch während der Corona-Pandemie wurde eine nicht unerhebliche Zahl von Menschen aus Deutschland abgeschoben. Da die abzuschiebenden Personen der erhöhten Gefährdung einer möglichen Infektion ausgesetzt werden, widmete sich die Nationale Stelle insbesondere der Umsetzung der Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Corona-Pandemie und dem damit verbundenen Schutz der Betroffenen. Aus ihrer Sicht sollen Abschiebungsmaßnahmen ausgesetzt werden, solange eine ernsthafte Gefährdung der abzuschiebenden Personen oder eine Verbreitung des Virus nicht verhindert werden kann.

Bei ihrem Besuch des Zollfahndungsamts Essen, Dienstsitz Düsseldorf wurde die Nationale Stelle mit der spezifischen Problematik der Ingewahrsamnahme von Personen, die Drogenpäckchen inkorporiert haben konfrontiert, die dort eine sogenannte „Schluckertoilette“ zu nutzen haben. Diese tangiert aus Sicht der Nationalen Stelle die Menschenwürde.

Schon im Rahmen von Besuchen der Nationalen Stelle ist deutlich geworden, dass die Gesetzgeber in den Bundesländern nicht immer den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechen. Die Nationale Stelle begrüßt in diesem Zusammenhang Anpassungen im Jugendstrafvollzugsgesetz und im Untersuchungshaftvollzugsgesetz in Schleswig-Holstein, wobei die Regelungen für die Anordnung der Durchsuchung unter Entkleidung von Gefangenen an den verfassungsrechtlich erforderlichen Standard angepasst werden sollen. Anlässlich von Besuchen hat die Nationale Stelle kritisiert, dass die Gesetzeslage in Thüringen (Maßregelvollzugsgesetz) und in Niedersachsen (Strafvollzugsgesetz) in Bezug auf die Durchführung von Fixierungen weiterhin nicht an die Anforderungen aus dem Fixierungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von 2018 angepasst worden sind. Hier fehlt es aktuell an einer verfassungsmäßigen Rechtsgrundlage für die Durchführung von Fixierungen. Weder der verfassungsrechtlich nötige Richtervorbehalt, noch die Durchführung und die Definition einer Fixierung sind gesetzlich geregelt.

Auch im Rahmen von Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen der Nationalen Stelle wurden häufig die Regeln zur Durchführung und die Definitionen von Fixierungen als nicht ausreichend erachtet. Als bedenklich bewertet die Nationale Stelle zudem die Regelung in einem Gesetzentwurf des Hessischen Ministeriums der Justiz, in der bestimmt ist, dass Gefangenen auch mittels unmittelbaren Zwangs ein Mundschutz angelegt werden kann. Dies stellt einen schwerwiegenden Eingriff dar, für den eine spezifische Gesetzesgrundlage benötigt wird. Jedoch sind die Voraussetzungen für die Anordnung und die Durchführung in dem Gesetzentwurf nicht geregelt. Im diesem letzten Kapitel zu Stellungnahmen werden erstmals Prinzipien für Gesetze im Mandatsbereich der Nationalen Stelle formuliert und es wird über die zwölf Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen der Nationalen Stelle im Jahr 2020 berichtet.

1 Vgl. unter: https://www.coe.int/en/web/cpt/-/council-of-europe-anti-torture-committee-visits-germa-1 (abgerufen am 18. März 2021).

2 Schengen-Evaluierungsmechanismus (Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 vom 7. Oktober 2013). Dieser Mechanismus dient der Überwachung der wirksamen Umsetzung des Schengen-Besitzes durch die Mitgliedstaaten. Vgl. II 6.2.

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Jahresbericht 2019

Berichtszeitraum 1. Januar 2019 – 31. Dezember 2019

Eine Zusammenfassung des Jahresberichte 2019 der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter können Sie hier als PDF-Dokument herunterladen

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Auszug aus dem Jahresbericht 2019

Besonderer Fokus: Psychiatrische Kliniken, Zoll

Vorwort

Im Jahr 2019 konnte die Nationale Stelle auf ihr 10-jähriges Bestehen zurückblicken. Zu ihrem Bedauern verlor sie ihren Leiter der Bundesstelle Klaus Lange-Lehngut, Leitender Regierungsdirektor a.D. und Träger des Verdienstkreuzes am Bande der Bundesrepublik Deutschland. Mit großem ehrenamtlichem Engagement hat er die Bundesstelle zur Verhütung von Folter etabliert und geleitet. Bis zuletzt hat er die Weiterentwicklung der Nationalen Stelle mitgestaltet. Sein Tod am 19. Oktober 2019 bedeutet einen großen Verlust. Sein Andenken und seine Verdienste werden wir stets in ehrender Erinnerung bewahren.

In diesem Jahresbericht folgt nach einer Zusammenfassung der Tätigkeit der Nationalen Stelle im Berichtszeitraum und Hintergrundinformationen über die Nationale Stelle die Präsentation der von ihr erarbeiteten Standards. Diese beinhalten wesentliche Aspekte einer menschenwürdigen Unterbringung und Behandlung in den besuchten Einrichtungen. Die Standards leiten sich insbesondere aus den regelmäßig wiederkehrenden Empfehlungen der Nationalen Stelle ab und werden stetig weiterentwickelt. Sie sind auch auf der Internetseite der Nationalen Stelle abrufbar.

Im Jahr 2019 legte die Nationale Stelle im Zuständigkeitsbereich der Länder einen besonderen Fokus auf Besuche in psychiatrischen Einrichtungen und im Zuständigkeitsbereich des Bundes auf Besuche beim Zoll. Um die Eindrücke in diesen Bereichen vertiefend darzustellen, werden sie in eigenen Kapiteln hervorgehoben und den übrigen Ergebnissen der Besuche 2019 vorangestellt.

Die Vorgehensweise einiger der obersten Aufsichtsbehörden hat sich auch in diesem Jahr als problematisch erwiesen. Diese kamen nicht immer ihrer Verpflichtung nach Artikel 22 OP-CAT nach, die Empfehlungen der Nationalen Stelle zu prüfen und mit ihr in einen Dialog über mögliche Umsetzungsmaßnahmen einzutreten, was die Wirksamkeit der Arbeit der Nationalen Stelle verringert.

Zudem besteht weiterhin keine ausreichende Rechtsgrundlage für die namentliche Veröffentlichung der Berichte der Nationalen Stelle über Besuche in Einrichtungen in privater Trägerschaft. Dies stößt seitens der Öffentlichkeit auf Unverständnis und wurde vom UN-Ausschuss gegen Folter in seinen Abschließenden Bemerkungen zum sechsten Staatenbericht Deutschlands hervorgehoben. Die Nationale Stelle hält es nach wie vor für erforderlich, dass eine ausreichende Rechtsgrundlage geschaffen wird, die es ihr ermöglicht, namentlich alle besuchten Einrichtungen, die dazugehörigen Besuchsberichte und Stellungnahmen zu veröffentlichen. Nur so kann sie ihren Präventionsauftrag, wie im OP-CAT vorgesehen, wirksam erfüllen.

Da sich im Jahr 2018 herauskristallisiert hatte, dass das Budget der Nationalen Stelle nicht mehr für die Erfüllung ihres Mandats entsprechend der völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland ausreichen würde, haben die Justizministerinnen und -minister der Länder einstimmig beschlossen, das Budget der Nationalen Stelle ab dem Haushaltsjahr 2020 unter Beteiligung des Bundes um 100.000 Euro zu erhöhen.

Eine Zusammenfassung des Jahresberichte 2019 der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter können Sie hier als PDF-Dokument herunterladen

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Jahresbericht 2018

Berichtszeitraum 1. Januar 2018 – 31. Dezember 2018

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Auszug aus dem Jahresbericht 2018

Schwerpunktthema: Alten- und Pflegeheime

Vorwort

Nach einer Zusammenfassung der Tätigkeit der Nationalen Stelle im Berichtszeitraum und Hintergrundinformationen über die Nationale Stelle folgen ihre Standards. Sie beinhalten wesentliche Aspekte einer menschenwürdigen Unterbringung und Behandlung in den besuchten Einrichtungen. Die Standards leiten sich insbesondere aus den regelmäßig wiederkehrenden Empfehlungen der Nationalen Stelle ab und werden stetig weiterentwickelt. Sie sind auch auf der Internetseite der Nationalen Stelle abrufbar.

Es folgt die Darstellung der Besuchstätigkeit der Nationalen Stelle. Der Tätigkeitsschwerpunkt des Jahres 2018 lag auf Alten- und Pflegeheimen. Hierzu führte die Nationale Stelle nicht nur Besuche in Einrichtungen durch, sondern tauschte sich auch mit wichtigen Akteuren dieses Bereichs aus. Die Zusammenarbeit mit den zuständigen Ministerien in diesem Bereich stellte sich teils als problematisch dar, da nicht immer die Bereitschaft bestand, der Nationalen Stelle die Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags zu ermöglichen.

Neben den zahlreichen Herausforderungen, die sich beim Schutz von Menschenrechten und der Menschenwürde im Freiheitsentzug stellen, kristallisierte sich im Berichtsjahr eine Herausforderung in der praktischen Arbeit heraus. So wurde deutlich, dass das im Jahr 2015 im Zusammenhang mit der personellen Aufstockung angepasste Budget der Nationalen Stelle in absehbarer Zeit nicht mehr für die Erfüllung ihres Mandats ausreichen wird. Es muss eine Lösung gefunden werden, die es der Nationalen Stelle erlaubt, ihr Mandat entsprechend der völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zu erfüllen.

Auch besteht nach wie vor für die namentliche Veröffentlichung der Berichte der Nationalen Stelle über Besuche in Einrichtungen in privater Trägerschaft keine ausreichende Rechtsgrundlage. Übergangsweise veröffentlicht die Nationale Stelle diese Berichte nur anonymisiert. Das stößt seitens der Öffentlichkeit teilweise auf Unverständnis. Auf dieses Problem hat die Nationale Stelle bereits in ihrem Jahresbericht 2017 hingewiesen. Sie hält es für erforderlich, dass eine ausreichende Rechtsgrundlage geschaffen wird, die es ihr ermöglicht, die Namen aller besuchten Einrichtungen sowie die Besuchsberichte und Stellungnahmen zu veröffentlichen und damit ihren Präventionsauftrag wie im Fakultativprotokoll zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (OP-CAT) vorgesehen, zu erfüllen.

Abschließend dankt die Nationale Stelle den Mitgliedern Herrn Prof. Dr. Dirk Lorenzen und Herrn Polizeidirektor a.D. Hartmut Seltmann, deren Mandate im Dezember 2018 endeten, für die gute Zusammenarbeit. Ihre Fachexpertise war eine große Bereicherung für die Tätigkeit der Nationalen Stelle.

Den vollständigen Jahresbericht 2018 können Sie hier als PDF-Dokument herunterladen

Jahresbericht 2017

Berichtszeitraum 1. Januar 2017 – 31. Dezember 2017

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Auszug aus dem Jahresbericht 2017

Schwerpunktthema: Freiheitsentzug durch die Polizei

Vorwort

Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter ist Deutschlands Einrichtung für die Wahrung menschenwürdiger Unterbringung und Behandlung im Freiheitsentzug. Sie legt der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag, den Landesregierungen und den Länderparlamenten hiermit ihren jährlichen Tätigkeitsbericht vor. Der Bericht umfasst den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2017.

Der vorliegende Tätigkeitsbericht enthält zunächst eine Einführung in das Mandat und die Arbeitsweise der Nationalen Stelle. Im folgenden Kapitel werden die Standards wiedergegeben, die von der Nationalen Stelle neben ihrer Besuchstätigkeit für eine menschenwürdige Unterbringung und Behandlung in den besuchten Einrichtungen entwickelt wurden. Diese Standards leitet sie insbesondere aus ihren regelmäßig wiederkehrenden Empfehlungen ab und entwickelt sie stetig weiter. Sie sind auch auf der Internetseite der Nationalen Stelle abrufbar.

Es folgt der Tätigkeitsschwerpunkt des Jahres 2017, Freiheitsentzug durch die Polizei. In diesem Rahmen wurden neben Besuchen von Polizeidienststellen aller Bundesländer auch polizeiliche Maßnahmen bei
Großereignissen beobachtet.

Ein Thema, das im Zusammenhang mit Polizeigewahrsam weiterhin regelmäßig auftritt, ist die Fixierung von Personen. Fixierungen sind in einigen Bundesländern erlaubt und mitunter eine häufig angewendete Maßnahme. Kritisch ist dies aus Sicht der Nationalen Stelle, da Fixierungen einen schweren Eingriff in die Freiheitsrechte darstellen und zudem mit hohen Risiken für die Betroffenen verbunden sind. Polizeidienststellen halten in der Regel weder geeignete Fixiersysteme vor, noch findet eine ununterbrochene Überwachung Betroffener durch eine geschulte Person (Sitzwache) statt.

Im Anschluss an das Schwerpunktthema folgt eine Darstellung der Besuchstätigkeit der Nationalen Stelle in allen anderen Zuständigkeitsbereichen.

Deutliche Missstände finden sich in den Justizvollzugsanstalten Karlsruhe, Traunstein, Stuttgart und Berlin Tegel. Hier fand die Nationale Stelle mehrfach Unterbringungsbedingungen vor, die gegen die Menschenwürde verstoßen und abgestellt werden müssen.

Vor allem in Pflege- und Sozialeinrichtungen hat die Nationale Stelle ihre Besuchstätigkeit ausgeweitet und zudem eine Reihe von Nachfolgebesuchen durchgeführt, um die Umsetzung ihrer Empfehlungen zu prüfen. Die Feststellungen und Empfehlungen, die die Nationale Stelle bei ihren Besuchen getroffen hat, sind im vorliegenden Jahresbericht überblicksartig zusammengefasst.

Die Nationale Stelle veröffentlicht derzeit besuchte Einrichtungen nur dann namentlich, wenn es sich um Einrichtungen in staatlicher Trägerschaft handelt. Dies gilt sowohl für die Veröffentlichung von Besuchsberichten als auch für die dazugehörigen Stellungnahmen der Ministerien. Hintergrund dieser Vorgehensweise ist, dass hinsichtlich der Einrichtungen in privater Trägerschaft und deren sich aus Art. 14 Grundgesetz ergebenden Rechten erhebliche Bedenken bestehen, ob die Rechtsgrundlage der Nationalen Stelle (das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz vom 26. August 2008) für eine Veröffentlichung bestimmt genug ist.

Dies beeinträchtigt die präventive Arbeit der Nationalen Stelle und mindert ihre Wirksamkeit.

Die Nationale Stelle hält es daher für erforderlich, dass eine ausreichende Rechtsgrundlage geschaffen wird, die es der Nationalen Stelle ermöglicht, die Namen aller besuchten Einrichtungen sowie die Besuchsberichte und Stellungnahmen zu veröffentlichen und damit ihr Mandat hinsichtlich der Prävention wie im Fakultativprotokoll vorgesehen, erfüllen zu können.

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Jahresbericht 2016

Berichtszeitraum 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016

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Auszug aus dem Jahresbericht 2016

Schwerpunktthema: Frauenstrafvollzug

Vorwort

Der Schwerpunkt der Besuche der Nationalen Stelle lag im Berichtsjahr auf dem Frauenvollzug. Durch Besuche von Frauenvollzugseinrichtungen aller Bundesländer gewann die Kommission einen umfassenden Überblick, wie die besonderen Bedürfnisse dieser Gefangenengruppe berücksichtigt werden und ein menschenwürdiger Vollzug gelingen kann. Sie traf dabei auf zahlreiche gute und nachahmenswerte Beispiele.

Deutliche Missstände finden sich hingegen weiterhin in Justizvollzugsanstalten einzelner Bundesländer bei der Doppelbelegung von Einzelhafträumen ohne abgetrennte Toilette. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verletzen Unterbringungsbedingungen die Menschenwürde, wenn bei Doppelbelegung Sanitäreinrichtungen nicht vollständig abgetrennt sind. Die Nationale Stelle wies in der Vergangenheit wiederholt auf solche Missstände hin und empfiehlt dringend, eine mit der Menschenwürde zu vereinbarende Unterbringung sicherzustellen.

Die Feststellungen und Empfehlungen, die die Nationale Stelle bei ihren Besuchen getroffen hat, sind im vorliegenden Bericht überblicksartig zusammengefasst. Eine detaillierte Darstellung aller Besuchsergebnisse sowie die jeweiligen Stellungnahmen der Aufsichtsbehörden sind auf der Internetseite der Nationalen Stelle abrufbar.

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Jahresbericht 2015

Berichtszeitraum 1. Januar 2015 – 31. Dezember 2015

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Auszug aus dem Jahresbericht 2015

Schwerpunktthema: Jugendstrafvollzug

Vorwort

Zu Beginn des Jahres 2015 wurde die Anzahl der Mitglieder der Länderkommission verdoppelt. Dies war für die Länderkommission ein wichtiger Schritt, da nun die Aufnahme der Besuchstätigkeit in den bisher nicht oder kaum abgedeckten Bereichen möglich wurde. Hierbei handelt es sich insbesondere um Alten- und Pflegeheime, Psychiatrische Kliniken und Einrichtungen der Jugendhilfe. Im Gegensatz zu den in der Vergangenheit besuchten Einrichtungen stehen die Einrichtungen in diesen Bereichen teils in privater Trägerschaft. Die rechtlichen Voraussetzungen der Veröffentlichung der Besuchsberichte von Einrichtungen privater Träger unter Nennung des Namens werden derzeit noch geprüft.

Die Feststellungen und Empfehlungen, die die Nationale Stelle bei ihren Besuchen getroffen hat, sind im vorliegenden Bericht überblicksartig zusammengefasst. Eine detaillierte Darstellung aller Besuchsergebnisse sowie die jeweiligen Stellungnahmen der Aufsichtsbehörden sind auf der Internetseite der Nationalen Stelle abrufbar.

Insgesamt lässt sich eine positive Bilanz des Jahres 2015 ziehen: Eine Vielzahl der von Bundesstelle und Länderkommission ausgesprochenen Empfehlungen wurden bereits umgesetzt. Allerdings werden Empfehlungen nach wie vor in vielen Fällen nur in der jeweils besuchten Einrichtung umgesetzt und nicht landes- bzw. bundesweit. Die Nationale Stelle wird daher auch im neuen Jahr verstärkt an der Bekanntmachung und Verbreitung ihrer Empfehlungen arbeiten, um langfristig eine möglichst flächendeckende Umsetzung ihrer Empfehlungen zu erreichen.

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Jahresbericht 2014

Berichtszeitraum 1. Januar 2014 – 31. Dezember 2014

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Auszug aus dem Jahresbericht 2014

Schwerpunktthema: Jugendarrest

Vorwort

Im Jahr 2014 besuchte die Nationale Stelle insgesamt 58 Einrichtungen. Der Schwerpunkt der Besuche lag dabei auf Jugendarrestanstalten. Die Erwartungen der Stelle an den Jugendarrestvollzug finden sich in Kapitel III.1. Die Feststellungen und Empfehlungen von Bundesstelle und Länderkommission im Rahmen von Besuchen und die Stellungnahmen der Aufsichtsbehörden werden in den Kapiteln II und III wiedergegeben.

Nachdem die Bundesstelle bereits im Jahr 2013 um ein zweites Mitglied erweitert wurde, beschloss die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 6. November 2014 die Aufstockung der Länderkommission um vier zusätzliche Mitglieder aus den Bereichen Psychiatrie, Polizei und Jugendhilfe zum 1. Januar 2015.

Die Aufstockung von Bundesstelle und Länderkommission stellt einen entscheidenden Schritt in Richtung eines wirkungsvolleren Präventionsmechanismus dar. Durch die personelle Erweiterung wird sich auch das Besuchsprogramm ausweiten, indem vermehrt Einrichtungen außerhalb des Justizbereichs kontrolliert werden sollen. Darüber hinaus werden die neuen Mitglieder die bisherige Tätigkeit durch ihre vielfältige fachliche Expertise bereichern.

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Jahresbericht 2013

Berichtszeitraum 1. Januar 2013 – 31. Dezember 2013

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Auszug aus dem Jahresbericht 2013

Schwerpunktthema: Abschiebungshaft

Vorwort

Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter wurde im Jahr 2009 auf Grundlage des Fakultativprotokolls zur UN-Antifolterkonvention geschaffen. Sie hat die Aufgabe, zur Prävention von menschenunwürdiger Unterbringung die Bedingungen und die Behandlung von Personen, denen die Freizeit entzogen wird, regelmäßig zu prüfen und Empfehlungen zur Verbesserung abzugeben. Die Nationale Stelle hat in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass der Begriff „Folter“ als Teil ihres Namens für die Erfüllung des Mandats hinderlich sein kann, da ihre Tätigkeit häufig auf die „Folterprävention“ reduziert wird. In der Tat sind Anhaltspunkte für Folter in den besuchten Einrichtungen nicht vorgefunden worden. Gleichwohl ist eine Vielzahl von Punkten festgestellt worden, die Anlass zu Empfehlungen gegeben hat.

Die Nationale Stelle besteht aus der Bundesstelle und der Länderkommission und legt der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag, den Landesregierungen und den Länderparlamenten jährlich einen gemeinsamen Tätigkeitsbericht vor. Dieser umfasst den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2013 und beinhaltet aus Gründen der thematischen Vollständigkeit auch den Besuch in der Abschiebungshafteinrichtung Rendsburg vom 13. Januar 2014.

Im Jahr 2013 besuchte die Nationale Stelle insgesamt 36 Einrichtungen. Der Schwerpunkt der Besuche lag dabei auf Abschiebungshaft und Rückführungen auf dem Luftweg. Wie dem vorliegenden Bericht zu entnehmen ist, positioniert sich die Stelle dabei zu grundlegenden Fragen des Vollzugs von Abschiebungshaft in der Bundesrepublik Deutschland und spricht sich dafür aus, Abschiebungshaft grundsätzlich nur noch in eigens dafür vorgesehenen Einrichtungen zu vollziehen. Die Kapitel III und IV beschreiben die Besuchstätigkeit der Stelle, geben ihre Empfehlungen und die Stellungnahmen der Aufsichtsbehörden wieder und weisen auf besonders gute Praxisbeispiele hin.

Über die Besuchstätigkeit hinaus fanden im Berichtszeitraum zahlreiche internationale Aktivitäten statt. Zudem wurde die Bundesrepublik Deutschland gleich von zwei internationalen Präventionsmechanismen, dem UN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter (SPT) und dem Europäischen Komitee zur Verhütung von Folter (CPT) besucht.

Auch im Jahr 2013 war die finanzielle und personelle Ausstattung der Nationalen Stelle ein wichtiges Thema. Während die Bundesstelle um ein zweites Mitglied erweitert wurde, wurde für die Länderkommission eine Aufstockung zwar von der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder befürwortet. Es wurde jedoch keine Entscheidung über die Finanzierung getroffen. Ohne eine Aufstockung wird die Länderkommission auch im Jahr 2014 einen Teil ihres Mandats nicht erfüllen können.

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Jahresbericht 2012

Berichtszeitraum 1. Januar 2012 – 31. Dezember 2012

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Auszug aus dem Jahresbericht 2012

Vorwort

Bundesstelle

Die Bundesstelle nahm bei ihren Besuchen positiv zur Kenntnis, dass viele der Empfehlungen der letzten Jahresberichte (z.B. das Vorhalten aller gängigen Belehrungsformulare in einer großen Anzahl von Sprachen) in vielen Dienststellen der Bundespolizei und Bundeswehr bereits aufgenommen und umgesetzt wurden. Trotzdem besteht weiterhin Verbesserungsbedarf. Die Bundesstelle wird der Fortbildung von Bediensteten mit dem Ziel der Vermittlung von Strategien zur Deeskalation kritischer Situationen weiterhin große Bedeutung beimessen.

Länderkommission

Der Schwerpunkt der Kontrollbesuche der Länderkommission lag bisher auf Besuchen von Justizvollzugsanstalten und Landespolizeidienststellen. Dagegen konnten psychiatrische Kliniken lediglich vereinzelt besucht werden; die Länderkommission verfügt bisher auf diesem Gebiet über keine eigenen Fachexperten. Alten- und Pflegeheime konnten bisher gar nicht besucht werden.

Justizvollzugsanstalten

Viele der von der Länderkommission ausgesprochenen Empfehlungen stehen im Zusammenhang mit dem baulichen Zustand der Einrichtungen. Ein eklatanter Fall ist die Doppelbelegung eines Haftraums ohne baulich abgetrennte Toilette. Die Gefangenen müssen dabei die Toilette in Anwesenheit ihrer Mithäftlinge benutzen, Vorhang oder Schamwand schützen die Intimsphäre nicht. Dies ist auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht hinnehmbar.

Andere wiederholt vorgefundene Missstände betreffen langandauernde, in einigen Fällen über viele Jahre währende Einzelhaft, bei der Gefangene aus Gründen des Selbst- oder Fremdschutzes von anderen Mitgefangenen sozial isoliert werden. Auch dies kann einen massiven Eingriff in die Menschenwürde darstellen. Die Kommission regte in solchen Fällen verschiedentlich an, gegebenenfalls mit externer Beratung zu prüfen, ob die Einzelhaft aufrechtzuerhalten ist oder ob deren Bedingungen verbessert werden können.

Nicht hinnehmbar ist auch, dass in Justizvollzugsanstalten metallene Hand- und Fußfesseln nicht nur zur Fesselung, sondern auch zur Fixierung eingesetzt werden. Damit ist ein hohes Verletzungsrisiko verbunden. Soweit auf Fixierungen nicht verzichtet werden kann, dürfen diese nur mit einem geeigneten Bandagensystem unter ständiger Beobachtung (Sitzwache) stattfinden, wie dies bereits ganz überwiegend praktiziert wird.

Landespolizei

Die Länderkommission stieß bei dem Besuch einer Landespolizeidienststelle auf eine Beruhigungszelle, in der sich am Boden eine Liege mit Eisenringen befand, an denen Personen mit metallenen Fesseln fixiert wurden. Weder war ein Bandagensystem vorhanden, noch war Sitzwache vorgesehen. Aufgrund der Empfehlung der Länderkommission wurden die Anschaffung eines Bandagensystems und die Durchführung von Sitzwachen angeordnet. Hervorzuheben ist, dass die Polizei verschiedentlich auf Fixierungen ganz verzichtet.

In einer anderen Landespolizeidienststelle wurde von der Länderkommission eine Notrufanlage vorgefunden, die nicht funktionierte, so dass die Inhaftierten auch in einer Notlage keinerlei Möglichkeit zur Kontaktaufnahme zu den Bediensteten hatten. Dies wurde umgehend behoben.

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Jahresbericht 2010/2011

Berichtszeitraum 1. Mai 2010 – 31. Dezember 2011

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Auszug aus dem Jahresbericht 2010/2011

Vorwort

Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter legt der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag, den Landesregierungen und den Länderparlamenten den ersten gemeinsamen Jahresbericht von Bundesstelle und Länderkommission vor. Er umfasst den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. Dezember 2011.

Drei zentrale Botschaften sollen dem Bericht vorangestellt werden:

Die Nationale Stelle ist auf keine Anzeichen von Folter gestoßen. Allerdings hat sie in mehreren Fällen Missstände festgestellt, die nicht akzeptiert werden können. Sie hat zahlreiche Empfehlungen an die Aufsichtsbehörden gerichtet, die zum Teil bereits umgesetzt sind und die Situation von Menschen in Gewahrsam verbessert haben.

Mit den vorhandenen personellen und finanziellen Mitteln kann die Nationale Stelle ihren gesetzlichen Auftrag, wie er sich aus dem Fakultativprotokoll ergibt, nicht erfüllen. Mit nur fünf ehrenamtlichen Mitgliedern und Mitteln für nur drei wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie einer Fachangestellten für Bürokommunikation sind die Kapazitäten für die regelmäßige Prüfung mehrerer tausend Gewahrsamseinrichtungen absolut unzureichend. Gerade weil die Nationale Stelle sich nicht als Feigenblatt betrachten will und nach ihrem gesetzlichen Auftrag einen wirksamen Beitrag zur Prävention von Folter und Misshandlung leisten muss, ist eine erhebliche personelle und finanzielle Aufstockung erforderlich. Es liegt damit in den Händen der Bundesregierung und der Landesregierungen, die Grundlagen dafür zu schaffen, dass die Nationale Stelle in die Lage versetzt wird, ihre völkerrechtlich und innerstaatlich verbindlichen Aufgaben zu erfüllen.

Die Bundesstelle und die Länderkommission arbeiten im Interesse der Erfüllung ihrer gemeinsamen Aufgabe vertrauensvoll und kollegial zusammen. Ein Beleg dafür ist der nachfolgende gemeinsame Bericht.

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Jahresbericht 2009/2010

Berichtszeitraum 1. Mai 2009 – 30. April 2010

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Auszug aus dem Jahresbericht 2009/2010

Vorwort

Hiermit legt die Bundesstelle zur Verhütung von Folter der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag ihren ersten Jahresbericht vor.

Dieser erste Jahresbericht wird bestimmt durch drei Feststellungen:

• Die Bundesstelle hat bei ihren Inspektionsbesuchen in Einrichtungen der Bundespolizei und der Bundeswehr keinerlei Hinweise finden können, dass in diesen Einrichtungen die Würde festgehaltener Menschen verletzt worden sein könnte. Die Bundesstelle hat aber, wie der nachfolgende Bericht belegt, bereits im ersten Jahr ihres Bestehens eine ganze Anzahl von Vorschlägen zur allgemeinen Verbesserung der Unterbringungsbedingungen festgehaltener Personen gemacht. Diese sind von den verantwortlichen Behörden dan­kenswerterweise mehrheitlich aufgegriffen und zum großen Teil bereits umgesetzt worden.

• Die Bundesstelle konnte ihre Aufgabe nur ansatzweise erfüllen. Nach dem bestehenden, völkerrechtlich verbindlichen Regelwerk sollen alle Einrichtungen des Bundes, in denen sich Menschen in Gewahrsam befinden, regelmäßig präventiv, also anlassunabhängig inspiziert werden. Dies zu leisten ist bei der vorgegebenen Personalausstattung der Bundesstelle – der Leiter ist ehrenamtlich tätig, ihm stehen lediglich eine wissenschaftliche Mitarbeiterin und eine in Teilzeit beschäftigte Bürofachangestellte zur Seite – bei über 300 Gewahrsamseinrichtungen des Bundes nicht mehr als eine illusionäre Forderung.

• Die Bundesstelle steht nach einem Jahr des Bestehens noch ganz am Beginn ihrer Arbeit. Einen nationalen Präventionsmechanismus nach den Vorgaben des Zusatzprotokolls zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (genannt OP-CAT) gab es in der Bundesrepublik Deutschland bislang nicht. Die methodischen Grundlagen für die Aus­wahl der Besuchsorte und die Durchführung der Besuche mussten bzw. müssen von der Bundesstelle vollkommen neu erarbeitet werden. Diese Aufgabe konnte bislang noch nicht überzeugend abgeschlossen werden; es müssen die verbindlichen und systematisch überzeugenden Parameter für die Inspektionsbesuche also noch gefunden und festgelegt werden.

Nach einem Jahr intensiver Planungs- und Aufbauarbeit schauen wir optimistisch in die Zukunft. Optimistisch stimmt uns besonders, dass wir auf allen Handlungsebenen auf Offenheit und positive Resonanz sowohl uns, unserer Aufgabe als auch unseren Vorstellungen gegenüber gestoßen sind. Wir fühlen uns auf allen Hierarchieebenen ernst genommen und sind zuversichtlich, dass wir auch im zweiten Jahr des Bestehens der Bundesstelle trotz der beschriebenen Probleme einen wichtigen Beitrag dazu leisten können, dass die Würde des Menschen in den deutschen Gewahrsamseinrichtungen weiterhin gewährleistet wird.

Standards

Standards für Abschiebungen

Standards für Abschiebungen als PDF-Dokument

Die Nationale Stelle soll Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe an Orten der Freiheitsentziehung verhindern und hat somit einen präventiven Auftrag. Hierzu ist es notwendig, dass ihre Empfehlungen nicht nur in den besuchten, sondern in allen Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet umgesetzt werden. Aus wiederkehrenden Empfehlungen leitet die Nationale Stelle Standards ab. Diese Standards werden kontinuierlich weiterentwickelt und sollen den Aufsichtsbehörden und Einrichtungen als Maßstab für eine menschenwürdige Unterbringung und Behandlung von Personen im Freiheitsentzug in allen Einrichtungen in ihrem Zuständigkeitsbereich dienen. So können menschenwürdige Unterbringungsbedingungen im Freiheitsentzug erreicht und trotz der hohen Anzahl von Einrichtungen die Wirksamkeit der Arbeit der Nationalen Stelle erhöht werden. Die Standards werden auch auf der Internetseite der Nationalen Stelle veröffentlicht.
Unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde hält die Nationale Stelle die folgenden Standards für unabdingbar.

1. Abholungszeitpunkt

Eine Abholung zur Nachtzeit soll vermieden werden.

2. Abschiebung aus der Strafhaft

Es sollen alle Anstrengungen unternommen werden, ausreisepflichtige Personen, die sich in Strafhaft befinden, bis zum Ende der Strafhaft abzuschieben. Es sollen zumindest die Voraussetzungen für die Abschiebung bis zum Ende der Strafhaft geschaffen werden.

3. Abschiebung aus Bildungs-, Kranken- und Betreuungseinrichtungen

Abschiebungen aus Krankenhäusern, Schulen und Kindertagesstätten sollen nicht erfolgen.

4. Achtung des Kindeswohls

Familien sollen durch eine Abschiebung nicht getrennt werden. Kinder sollen nicht gefesselt werden. Fesselungen von Eltern sollen nicht in Anwesenheit ihrer Kinder erfolgen. Im Falle von Abschiebungen von Kindern soll grundsätzlich eine Person dafür zuständig sein, das Kindeswohl während der Maßnahme sicherzustellen. Am Flughafen sollen geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten für Kinder vorgehalten werden.

5. Durchsuchung mit Entkleidung

Durchsuchungen, die mit einer Entkleidung und Inaugenscheinnahme des Schambereichs verbunden sind, stellen einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar.1
Daher ist stets eine Einzelfallentscheidung zu treffen, ob Anhaltspunkte vorliegen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung begründen und ob dieser Eingriff unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist.2

Im Falle einer Durchsuchung mit Entkleidung sollen die Gründe für die Entkleidung nachvollziehbar dokumentiert werden. Die Durchsuchung soll zudem so schonend wie möglich erfolgen, zum Beispiel in zwei Phasen, sodass jeweils eine Körperhälfte bekleidet bleibt. Nicht gleichgeschlechtliche Bedienstete dürfen hierbei nicht anwesend sein.

6. Fortbildung der Mitarbeitenden der Vollzugsbehörde

Abschiebungen sollen durch hinreichend qualifizierte und fortgebildete Beschäftigte vorgenommen werden.

7. Gepäck

Es soll jeder abzuschiebenden Person ermöglicht werden, persönliche Gegenstände einzupacken. Es soll dafür Sorge getragen werden, dass die abzuschiebende Person situationsgerecht und für das Zielland angemessen gekleidet ist und dass Ausweispapiere, notwendige Medikamente, Versorgungsmittel für Kinder sowie notwendige Hilfsmittel (beispielsweise eine Brille) eingepackt werden. Eine der die Abschiebung durchführenden Personen soll darauf achten, dass auch für abzuschiebende Kinder Gepäck gepackt wird. Grundlegende Hygieneartikel sowie ausreichend Kleidung sollen am Flughafen bereitgehalten und bei Bedarf ausgehändigt werden.

8. Handgeld

Die abzuschiebenden Personen sollen über genügend finanzielle Mittel für die Weiterreise vom Flughafen bis zum endgültigen Zielort sowie die für diese Strecke notwendige Verpflegung verfügen.

9. Information über den Zeitpunkt der Abschiebung

Ausreisepflichtige Personen sollen in Einzelfällen aus humanitären Gründen, beispielsweise wenn Familien mit Kindern oder kranke Personen betroffen sind, mit einem Vorlauf von mindestens einer Woche darüber informiert werden, dass ihre Abschiebung zeitnah bevorsteht.3 Eine entsprechende Anpassung von § 59 Abs. 1 Satz 8 des Aufenthaltsgesetzes soll dies sicherstellen.

10. Information über die Abschiebung

Abzuschiebende Personen sollen bei der Abholung sofort, umfassend, schriftlich und in einer für sie verständlichen Sprache über die Abschiebungsmaßnahme informiert werden. Die Information soll folgende Angaben enthalten:

  • Ablauf der Abschiebung einschließlich der Flugzeiten;
  • Hinweise bezüglich des Gepäcks;
  • Information über Rechte während der Maßnahme.

11. Kommunikation während der gesamten Abschiebung

Die Verständigung zwischen den abzuschiebenden Personen und den Vollzugsbediensteten soll während der gesamten Maßnahme gesichert sein. Die Übersetzung durch Dolmetscherinnen oder Dolmetscher im Falle von Verständigungsschwierigkeiten kann nicht durch die schriftliche Information über den Ablauf der Maßnahme und die Rechte ersetzt werden. Dolmetscherinnen und Dolmetscher können auch per Telefon oder Bildübertragung zugeschaltet werden.

12. Kontakt zu einem Rechtsbeistand

Abzuschiebenden Personen ist während der Maßnahme Zugang zu einem Rechtsbeistand zu gewähren. Der Kontakt zum Rechtsbeistand soll zu Beginn der Abschiebung ermöglicht werden, sodass gegebenenfalls rechtliche Maßnahmen rechtzeitig ergriffen werden können. Für den Fall, dass eine betroffene Person bisher keinen Kontakt zu einem Rechtsbeistand hatte, sind die Kontaktdaten eines Rechtsanwaltsnotdienstes mitzuteilen.

13. Rücksichtnahme auf Kinder und kranke Personen

Bei Abschiebungsmaßnahmen soll besonders auf die Bedürfnisse und Betreuung von Kindern und kranken Personen geachtet werden.

14. Telefonate mit Angehörigen

Jeder abzuschiebenden Person soll die Möglichkeit gewährt werden, Angehörige zu kontaktieren.

15. Umgang mit Mobiltelefonen

Die Sicherstellung eines Mobiltelefons während der Abschiebung darf nur im begründeten Einzelfall erfolgen. Liegen die Voraussetzungen für die Sicherstellung nicht mehr vor, sind die Mobiltelefone wieder herauszugeben. Vor der Sicherstellung ist den abzuschiebenden Personen die Gelegenheit zu geben, sich relevante Telefonnummern zu notieren.

16. Verpflegung

Getränke und Essen müssen in ausreichender Menge während der Abschiebungsmaßnahme verfügbar sein.

_______________________
1 BVerfG, Beschluss vom 05.03.2015, Az: 2 BvR 746/13, Rn. 33.
2 VG Köln, Urteil vom 25.11.2015, Az: 20 K 2624/14, Rn. 115 ff.
3 Vgl. CPT/Inf (2019) 14, insbesondere Rn. 16-19.

Standards für Abschiebungen als PDF-Dokument

Standards Abschiebungshaft

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STANDARDS FÜR ABSCHIEBUNGSHAFT UND AUSREISEGEWAHRSAM

Die Nationale Stelle soll Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe an Orten der Freiheitsentziehung verhindern und hat somit einen präventiven Auftrag. Hierzu ist es notwendig, dass ihre Empfehlungen nicht nur in den besuchten, sondern in allen Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet umgesetzt werden. Aus wiederkehrenden Empfehlungen leitet die Nationale Stelle Standards ab. Diese Standards werden kontinuierlich weiterentwickelt und sollen den Aufsichtsbehörden und Einrichtungen als Maßstab für eine menschenwürdige Unterbringung und Behandlung von Personen im Freiheitsentzug in allen Einrichtungen in ihrem Zuständigkeitsbereich dienen. So können menschenwürdige Unterbringungsbedingungen im Freiheitsentzug erreicht und trotz der hohen Anzahl von Einrichtungen die Wirksamkeit der Arbeit der Nationalen Stelle erhöht werden. Die Standards werden auch auf der Internetseite der Nationalen Stelle veröffentlicht.
Unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde hält die Nationale Stelle die folgenden Standards für unabdingbar.

1. Ärztliche Zugangsuntersuchung

Bei jeder ausreisepflichtigen Person muss in der Abschiebungshaft oder im Ausreisegewahrsam eine ärztliche Zugangsuntersuchung durchgeführt werden. Es soll sichergestellt sein, dass Hinweise auf Traumatisierungen und psychische Erkrankungen erkannt werden. Bei Verständigungsschwierigkeiten soll ein Dolmetscherdienst für die Zugangsuntersuchung hinzugezogen werden. Die Übersetzung durch eine andere ausreisepflichtige Person ist aus Gründen der Vertraulichkeit nicht geeignet. Außerdem ist bei Übersetzungen durch Bedienstete und andere ausreisepflichtige Personen nicht sichergestellt, dass Fachbegriffe und
Sachzusammenhänge richtig in die andere Sprache übersetzt werden.

2. Außenkontakte

Ausreisepflichtigen soll möglichst uneingeschränkter Besuch, insbesondere von Angehörigen, ermöglicht werden. Um den Kontakt zu ihrer Familie und dem Heimatland aufrechtzuerhalten oder aufzunehmen und die Rückkehr zu erleichtern, sollen sie zudem Mobiltelefone benutzen dürfen und Internetzugang haben.

3. Beschäftigung und Freizeitgestaltung

Ausreisepflichtige sollen ihre Zeit sinnvoll gestalten können. Hierzu sollen täglich ausreichend Möglichkeiten angeboten werden. Dies umfasst auch den Zugang zu Gemeinschaftsräumen, Gebetsräumen und die Nutzung einer Küche zur eigenen Essenszubereitung.

4. Durchsuchung mit Entkleidung

Durchsuchungen, die mit einer Entkleidung und Inaugenscheinnahme des Schambereichs verbunden sind, stellen einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Daher ist stets eine Einzelfallentscheidung zu treffen, ob Anhaltspunkte vorliegen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung begründen, und ob dieser Eingriff unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Im Falle einer Durchsuchung mit Entkleidung sollen die Gründe für die Entkleidung nachvollziehbar dokumentiert werden. Die Durchsuchung soll zudem so schonend wie möglich erfolgen, zum Beispiel in zwei Phasen, sodass jeweils eine Körperhälfte bekleidet bleibt. Nicht gleichgeschlechtliche Bedienstete dürfen hierbei nicht anwesend sein.

5. Einsicht in den Toilettenbereich

Bedienstete sollen sich, insbesondere dann, wenn sich in dem Haftraum eine Toilette offen im Raum befindet, vor dem Betreten in geeigneter Weise bemerkbar machen. Der betroffenen Person soll die Möglichkeit gegeben werden, darauf hinzuweisen, dass sie gegebenenfalls gerade die Toilette benutzt.

Eine Überwachungskamera soll so angebracht sein, dass der Toilettenbereich nicht oder nur verpixelt auf dem Monitor abgebildet wird. Allenfalls bei einer Unterbringung im besonders gesicherten Haftraum aufgrund akuter Selbstverletzungs- oder Suizidgefahr erscheint eine im Einzelfall abgewogene, begründete und nachvollziehbar dokumentierte Entscheidung denkbar, einen Haftraum ohne Einschränkung zu überwachen. Bei jeder Kameraüberwachung, die den Toilettenbereich unverpixelt umfasst, soll ausschließlich eine Person desselben Geschlechts die Überwachung vornehmen.

6. Fixierung

Die Nationale Stelle definiert den Begriff der Fixierung als die Entziehung der Bewegungsfreiheit durch das Festbinden von Armen, Beinen und gegebenenfalls der Körpermitte mit dem Ergebnis, dass die betroffene Person ihre Sitz- oder Liegeposition nicht oder nur unwesentlich selbstständig verändern kann. Sie stellt hierfür folgende Forderungen auf:

Fixierungen sind lediglich als ultima ratio und unter klaren und engen Voraussetzungen anzuordnen sowie auf den kürzest möglichen Zeitraum zu beschränken. Für eine möglichst schonende Durchführung einer Fixierung ist ein Bandagen-System zu verwenden. Zur Wahrung des Schamgefühls soll die fixierte Person mindestens mit einer Papierunterhose und einem Papierhemd bekleidet werden. Es ist eine regelmäßige ärztliche Kontrolle zu gewährleisten. Die fixierte Person muss zudem ständig und persönlich durch therapeutisches oder pflegerisches Personal überwacht werden, welches sich in der unmittelbaren Nähe befindet (Eins-zu-eins-Betreuung). Für eine nicht nur kurzfristige Fixierung ist zudem eine richterliche Entscheidung erforderlich.1 Die Maßnahme soll mit der betroffenen Person nachbesprochen werden.2 Außerdem ist sie nach Beendigung der Maßnahme auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Zulässigkeit der durchgeführten Fixierung gerichtlich überprüfen zu lassen.3
Bei jeder Fixierung sollen die Gründe für die Maßnahme schriftlich ausformuliert werden. Dies beinhaltet auch die Dokumentation darüber, welche milderen Mittel vorab eingeleitet wurden und weshalb diese gescheitert sind.

7. Kameraüberwachung

Eine Kameraüberwachung soll nur erfolgen, wenn sie im Einzelfall zum Schutz der Person unerlässlich ist. Die Gründe für die Kameraüberwachung sollen dokumentiert werden. Zudem muss die betroffene Person auf die Kameraüberwachung hingewiesen werden. Die bloße Sichtbarkeit der Überwachungskamera ist nicht ausreichend. Für die betroffene Person soll erkennbar sein, ob die Überwachungskamera eingeschaltet ist.

8. Kleidung

Es soll den Ausreisepflichtigen grundsätzlich gestattet sein, eigene Kleidung zu tragen.

9. Personal

Das Personal einer Einrichtung zum Vollzug von Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam soll speziell für diesen Bereich ausgewählt und fortgebildet sein.

10. Psychologische und psychiatrische Betreuung

Die Einrichtung soll sicherstellen, dass bei Bedarf eine Psychologin oder ein Psychologe beziehungsweise eine Psychiaterin oder ein Psychiater hinzugezogen wird.

11. Rechtsberatung

Ausreisepflichtigen muss die Gelegenheit gegeben werden, eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen.

12. Rechtsgrundlage

Da sich Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam hinsichtlich der Unterbringungsbedingungen von der Strafhaft unterscheiden soll4 und Grundrechtseingriffe, die über die Unterbringung in einer solchen Einrichtung hinausgehen, einer eigenen gesetzlichen Grundlage bedürfen,5 ist für den Vollzug von Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam eine spezielle Rechtsgrundlage zu schaffen.

13. Respektvoller Umgang

Der Umgang mit Abschiebungshäftlingen soll respektvoll ausgestaltet sein. Hierzu gehört grundsätzlich auch, dass sie mit „Sie“ angesprochen werden und sich Bedienstete in geeigneter Weise vor dem Betreten des Haftraums bemerkbar machen.

14. Unterbringung Minderjähriger

Unbegleitete Minderjährige sollen nicht in Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam, sondern in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht werden. Bei der Unterbringung von Minderjährigen gemeinsam mit ihren Erziehungsberechtigten in Abschiebungshaft oder einem Ausreisegewahrsam ist darauf zu achten, dass sie dem Kindeswohl entspricht.

15. Waffen im Gewahrsam

In Einrichtungen der Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsamen sollen Schusswaffen vor dem Betreten des Gewahrsams abgelegt werden.
Der Einsatz von Pfefferspray in geschlossenen Räumen ist aufgrund der erheblichen gesundheitlichen Risiken in keinem Fall verhältnismäßig und soll daher innerhalb von Einrichtungen unterlassen werden.6

16. Zugangsgespräch

Mit jeder neu aufgenommenen Person muss ein Zugangsgespräch geführt und hierbei der Grund für ihre Unterbringung erklärt werden. Zudem muss sie über ihre Rechte informiert werden.
Im Rahmen des Zugangsgesprächs soll in besonderem Maße auf Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung geachtet werden. Gegebenenfalls soll eine Psychologin oder ein Psychologe hinzugezogen werden.
Daher sollen diejenigen Bediensteten einer Einrichtung, denen die Führung des Zugangsgesprächs obliegt, speziell dafür fortgebildet werden, Anhaltspunkte für Traumatisierungen und psychische Erkrankungen zu erkennen. Auch beim Zugangsgespräch muss bei Verständigungsschwierigkeiten ein Dolmetscherdienst hinzugezogen werden.

 

_________________
1 BVerfG, Urteil vom 24.07.2018, Az: 2 BvR 309/15, Rn. 69.
2 DGPPN (2018): S3-Leitlinie „Verhinderung von Zwang: Prävention und Therapie aggressiven Verhaltens bei Erwachsenen, URL:
www.dgppn.de/_Resources/Persistent/154528053e2d1464d9788c0b2d298ee4a9d1cca3/S3%20LL%20Verhinderung%20von%20Z
wang%20LANG%2BLITERATUR%20FINAL%2010.9.2018.pdf (abgerufen am 18.03.2021).
3 BVerfG, Urteil vom 24.07.2018, Az: 2 BvR 309/15, Rn. 85.
4 Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Normen und Verfahren in den
Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger vom 16. Dezember 2008.
5 BVerfG, Urteil vom 31.05.2006, Az: 2 BvR 1673/04, NJW 2006, 2093 (2093).
6 EGMR, Tali ./. Estland, Urteil vom 13.02.2014, Individualbeschwerde Nr. 66393/10, Rn. 78; CPT/Inf (2008) 33, Rn. 86.

Standards Abschiebungshaft als PDF-Dokument

Standards Bundeswehr

Standards Bundeswehr als PDF-Dokument

STANDARDS FÜR VOLLZUGSEINRICHTUNGEN DER BUNDESWEHR

1. AUSSTATTUNG UND ZUSTAND DER ARRESTRÄUME

In den Vollzugseinrichtungen der Bundeswehr ist darauf zu achten, dass die Ausstattung und der Zustand der Räume die Menschenwürde nicht beeinträchtigen. Die Arresträume sollen jeweils mit einem Rauchmelder,  einem Notrufknopf, mit regulierbarem Licht, einer schwer entflammbaren, abwaschbaren Matratze, einer Decke und einer Kopfunterlage ausgestattet sein. Zusätzlich müssen eine Sitzgelegenheit in üblicher Höhe und ein Tisch vorhanden sein. Um den Schutz der Arrestpersonen im Falle eines Feuers zu gewährleisten, ist es notwendig, die Arresträume mit Rauchmeldern auszustatten.
Es ist zudem erforderlich, dass sich Personen im Freiheitsentzug durch einen Notrufknopf bemerkbar machen können. Die Funktionsfähigkeit der Notrufanlage muss gewährleistet sein und soll vor jeder Belegung überprüft werden.
Um einerseits Schlaf zu ermöglichen und andererseits der Verletzungsgefahr bei Dunkelheit vorzubeugen sowie die Orientierung im Raum zu erleichtern, soll in Arresträumen die Möglichkeit bestehen, die Beleuchtung zu regulieren.
In Vollzugseinrichtungen der Bundeswehr ist Arrestpersonen in ihrem Arrestraum Zugang zu natürlichem, ungefiltertem Licht zu gewähren. Der Blick ins Freie darf nicht durch undurchsichtige Plexiglasscheiben oder ähnliches verhindert werden. Außerdem soll die Raumtemperatur im Arrest angemessen sein.

2. BELEHRUNG

Personen im Freiheitsentzug sind unverzüglich und in jedem Fall über ihre Rechte zu belehren. Hierzu sind Belehrungsformulare vorzuhalten, die zumindest Informationen darüber enthalten, dass die Betroffenen das Recht haben, sich ärztlich untersuchen zu lassen, einen Rechtsbeistand zu konsultieren und eine Vertrauensperson zu informieren.

3. BESONDERS GESICHERTER RAUM

In besonders gesicherten Räumen dürfen sich keine Gegenstände befinden, die es der Arrestperson ermöglichen können, sich selbst zu verletzen.
Darüber hinaus sind eine engmaschige Betreuung und eine medizinische Überwachung der Arrestperson zu gewährleisten.
Bei einer Unterbringung im besonders gesicherten Raum und der damit verbundenen Isolierung der Arrestperson ist es unerlässlich, dass das medizinische Personal besonders auf die Gesundheit der betroffenen Person achtet und dass eine regelmäßige ärztliche Kontrolle gewährleistet wird, um dem Eintritt von Gesundheitsschäden vorzubeugen. Zudem ist eine engmaschige Betreuung sicherzustellen, um deeskalierend auf die Arrestperson einzuwirken und eine zeitnahe Beendigung der Maßnahme zu begünstigen.

4. DOKUMENTATION

Im Vollzug soll die Dokumentation aussagekräftig und nachvollziehbar sein. Zum Schutz der Arrestpersonen, aber auch dem der zuständigen Soldatinnen und Soldaten (Vollzugsorgane), sollen alle im Zusammenhang mit dem Arrest stehenden Informationen vollständig dokumentiert werden.
Dokumentiert werden sollen folgende Angaben:

  • die Personalien,
  • der Zeitpunkt des Beginns des Freiheitentzuges,
  • die verantwortlichen Soldatinnen und Soldaten (Vollzugsorgane) bei der Zuführung der Arrestperson,
  • die Vollzugstauglichkeit der Person,
  • der gesundheitliche Zustand der Person,
  • ob die Person über ihre Rechte belehrt wurde,
  • ob die Person über den Grund des Freiheitsentzuges aufgeklärt wurde,
  • ob eine richterliche Anordnung eingeholt wurde,
  • die Zeitpunkte der Kontrollen mit dem Namenskürzel der jeweiligen Soldatinnen und Soldaten,
  • der Zeitpunkt und die Art der Verpflegung,
  • die Bewegung im Freien,
  • der Tagesablauf der Arrestperson (Verlassen des Arrests für den Dienst oder die ersetzende sinnvolle Beschäftigung),
  • die Abnahme und die spätere Aushändigung von persönlichen Gegenständen,
  • der Entlassungszeitpunkt.

Die Dokumentation soll in regelmäßigen Abständen von Vorgesetzten auf vollständige Führung hin überprüft werden. Diese Kontrollen sollen vermerkt werden.

5 EINSICHT IN DEN TOILETTENBEREICH

Die zuständigen Soldatinnen und Soldaten (Vollzugsorgane) sollen sich, insbesondere dann, wenn sich in den Arresträumen eine Toilette offen im Raum befindet, vor dem Betreten des Arrestraums in geeigneter Weise bemerkbar machen. Der betroffenen Person soll die Möglichkeit gegeben werden, darauf hinzuweisen, dass sie gegebenenfalls gerade die Toilette benutzt.

6 GRÖßE VON ARRESTRÄUMEN

Für eine menschenwürdige Unterbringung muss ein Arrestraum mindestens eine Grundfläche von 6 qm exklusive des Sanitärbereichs aufweisen. Für den Fall, dass der Sanitärbereich nicht abgetrennt ist, ist etwa 1 qm für den Sanitärbereich zu addieren, sodass die Gesamtfläche mindestens 7 qm beträgt.

7 RESPEKTVOLLER UMGANG

Der Umgang mit Personen im Freiheitsentzug soll respektvoll ausgestaltet sein. Hierzu gehört auch, dass sie grundsätzlich mit „Sie“ angesprochen werden und sich Bedienstete in geeigneter Weise vor dem Betreten des Arrestraums bemerkbar machen. Sofern die Nutzung von Türspionen im begründeten Einzelfall notwendig ist, sollen sich die zuständigen Soldatinnen und Soldaten (Vollzugsorgane) vor dem Blick durch den Spion in geeigneter Weise bemerkbar machen.

8 VOLLZUGSTAUGLICHKEIT

Die Vollzugstauglichkeit einer Arrestperson soll grundsätzlich im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung festgestellt werden.

Standards Bundeswehr als PDF-Dokument

Standards Kinder- und Jugendhilfe

Standards Kinder- und Jugendhilfe als PDF-Dokument

STANDARDS FÜR EINRICHTUNGEN DER KINDER- UND JUGENDHILFE

Die Aufgabe der Nationalen Stelle ist präventiv. Ihre Empfehlungen sollen nicht nur in den besuchten, sondern in allen Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet umgesetzt werden. Hierzu ist es notwendig, dass die Aufsichtsbehörden Empfehlungen, die zu einer spezifischen Einrichtung abgegeben wurden, auch auf vergleichbare andere Einrichtungen in ihrem Zuständigkeitsbereich übertragen. Aus wiederkehrenden Empfehlungen leitet die Nationale Stelle Standards ab. Diese Standards werden kontinuierlich weiterentwickelt und sollen den Aufsichtsbehörden und Einrichtungen als Maßstab für eine menschenwürdige Unterbringung und Behandlung dienen.
Unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde hält die Nationale Stelle folgende Standards für unabdingbar:

1 BESCHWERDEMÖGLICHKEITEN

Die Kinder und Jugendlichen müssen in die Lage versetzt werden, Beschwerden bei einer geeigneten Stelle vorzubringen. Neben Ansprechpersonen innerhalb der Einrichtung wird die Existenz einer externen,  einrichtungsunabhängigen Ombudsstelle als wichtig erachtet.
Es muss gewährleistet sein, dass Kinder und Jugendliche ungehindert und vertraulich Kontakt zu einer solchen Ombudsstelle aufnehmen können. Die Beschwerdewege einschließlich der nötigen Kontaktdaten sollen in einem altersgerecht formulierten Merkblatt oder der Hausordnung aufgeführt und den jungen Menschen zu Beginn ihrer Aufnahme in der Einrichtung erklärt werden.

2 BEWEGUNG IM FREIEN

Allen Personen, denen die Freiheit entzogen ist, soll täglich mindestens eine Stunde die Möglichkeit zur Bewegung im Freien gegeben werden. Kindern und Jugendlichen soll dies noch deutlich umfangreicher ermöglicht werden.

3 INFORMATIONEN ÜBER RECHTE

Kinder und Jugendliche müssen bei ihrer Aufnahme in die Einrichtung schriftlich über die ihnen zustehenden Rechte informiert werden. Diese Informationen müssen in altersgerechter Form vermittelt werden.

4 KAMERAÜBERWACHUNG

Kinder und Jugendliche sollen nicht anlassunabhängig und ununterbrochen kameraüberwacht werden. In keinem Fall kann und darf die Kameraüberwachung die Präsenz der Mitarbeitenden ersetzen. Die Gründe für die Kameraüberwachung sollen dokumentiert werden. Zudem müssen die betroffenen Personen auf die Kameraüberwachung hingewiesen werden. Die bloße Sichtbarkeit der Überwachungskamera ist nicht ausreichend. Für die betroffene Person soll erkennbar sein, ob die Überwachungskamera eingeschaltet ist.

 

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Standards Justizvollzug

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JUSTIZVOLLZUG

Bekleidung im besonders gesicherten Haftraum

Bei der Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände sind den Gefangenen mindestens eine Papierunterhose und ein Papierhemd auszuhändigen.

Durchsuchung mit Entkleidung

Durchsuchungen, die mit einer Entkleidung und Inaugenscheinnahme des Schambereichs verbunden sind, stellen nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar.1 Eine routinemäßige Durchführung, unabhängig von einzelfallbezogenen Verdachtsgründen, ist nicht zulässig.2 Um dieser Voraussetzung gerecht zu werden, müssen allgemeine Anordnungen über Durchsuchungen mit Entkleidung unter Verhältnismäßigkeitsaspekten Raum für Ausnahmeentscheidungen lassen.

Das Personal muss dafür sensibilisiert sein, dass im Einzelfall auf eine vollständige Entkleidung verzichtet werden kann.

Ist eine vollständige Entkleidung erforderlich, soll eine die Intimsphäre schonende Praxis der Entkleidung, z.B. in zwei Phasen, stattfinden, bei der jeweils eine Körperhälfte bekleidet bleibt.

Duschen

Personen, denen die Freiheit entzogen wird, sollen die Möglichkeit haben, auf Wunsch alleine zu duschen. In Gemeinschaftsduschräumen soll zumindest eine Dusche partiell abgetrennt sein.

Einsicht in den Toilettenbereich

Bedienstete sollen sich, insbesondere dann, wenn sich in dem Haftraum eine Toilette offen im Raum befindet, vor dem Betreten in geeigneter Weise bemerkbar machen. Der betroffenen Person soll die Möglichkeit gegeben werden, darauf hinzuweisen, dass sie ggf. gerade die Toilette benutzt.

Eine Überwachungskamera soll so angebracht sein, dass der Toilettenbereich nicht oder nur verpixelt auf dem Monitor abgebildet wird. Allenfalls bei einer Unterbringung im besonders gesicherten Haftraum aufgrund akuter Selbstverletzungs- oder Suizidgefahr erscheint eine im Einzelfall abgewogene, begründete und nachvollziehbar dokumentierte Entscheidung denkbar, einen Haftraum ohne Einschränkung zu überwachen. Bei jeder Kameraüberwachung, die den Toilettenbereich unverpixelt umfasst, soll ausschließlich eine Person desselben Geschlechts die Überwachung vornehmen.

Einzelhaft

Um die negativen Auswirkungen der Einzelhaft auf die psychische und physische Gesundheit der Betroffenen abzumildern, soll ihnen ausreichend Gelegenheit zu Kontakt zu anderen Personen (z.B. durch erweiterte Besuchszeiten) und zu sinnvoller Betätigung gegeben werden. Auch sind Betroffene regelmäßig psychiatrisch oder psychologisch zu betreuen. Dies soll in einem angemessenen und vertraulichen Rahmen stattfinden.

Fixierung

Fixierungen3 sind lediglich als ultima ratio und unter klaren und engen Voraussetzungen anzuordnen sowie auf den kürzest möglichen Zeitraum zu beschränken. Für eine möglichst schonende Durchführung einer Fixierung ist ein Bandagen-System zu verwenden. Zur Wahrung des Schamgefühls soll die fixierte Person mindestens mit einer Papierunterhose und einem Papierhemd bekleidet werden. Es ist eine regelmäßige ärztliche Kontrolle zu gewährleisten. Die fixierte Person muss zudem ständig und persönlich durch therapeutisches oder pflegerisches Personal überwacht werden, welches sich in der unmittelbaren Nähe befindet (Eins-zu-eins-Betreuung). Für eine nicht nur kurzfristige Fixierung ist zudem eine richterliche Entscheidung erforderlich.4 Die Maßnahme soll mit der betroffenen Person nachbesprochen werden.5 Außerdem ist sie nach Beendigung der Maßnahme auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Zulässigkeit der durchgeführten Fixierung gerichtlich überprüfen zu lassen.6
Bei jeder Fixierung sollen die Gründe für die Maßnahme schriftlich ausformuliert werden. Dies beinhaltet auch die Dokumentation darüber, welche milderen Mittel vorab eingeleitet wurden und weshalb diese gescheitert sind.

Größe von Hafträumen

Für eine menschenwürdige Unterbringung muss ein Einzelhaftraum mindestens eine Grundfläche von 6 qm7 exklusive des Sanitärbereichs aufweisen. Für den Fall, dass der Sanitärbereich nicht abgetrennt ist, ist etwa 1 qm für den Sanitärbereich zu addieren, sodass die Gesamtfläche mindestens 7 qm beträgt. Bei Mehrfachbelegung muss eine Fläche von 4 qm für jede weitere Person exklusive des Sanitärbereichs hinzukommen.

Kameraüberwachung

In Justizvollzugsanstalten soll eine Kameraüberwachung nur erfolgen, wenn sie im Einzelfall zum Schutz der Person unerlässlich ist. Die Gründe für die Kameraüberwachung sollen dokumentiert werden. Zudem muss die betroffene Person auf die Kameraüberwachung hingewiesen werden. Die bloße Sichtbarkeit der Überwachungskamera ist nicht ausreichend. Für die betroffene Person soll erkennbar sein, ob die Überwachungskamera eingeschaltet ist.

Mehrfachbelegung von Hafträumen

Hafträume, in denen mehr als eine Person untergebracht wird, müssen nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts8 über eine vollständig abgetrennte und gesondert entlüftete Toilette verfügen. Eine Unterbringung ohne eine solche Abtrennung verstößt gegen die Menschenwürde.

Nutzung von Absonderungsräumen

Sind zusätzlich zu dem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände weitere Absonderungsräume vorhanden, deren Ausstattung einem besonders gesicherten Haftraum entspricht, müssen dieselben Voraussetzungen für die Unterbringung erfüllt sein. Darüber hinaus muss eine umfassende Dokumentation erfolgen, die der für den besonders gesicherten Haftraum entspricht.

Respektvoller Umgang

Der Umgang mit Gefangenen soll respektvoll ausgestaltet sein. Hierzu gehört auch, dass sie grundsätzlich mit „Sie“ angesprochen werden und sich Bedienstete in geeigneter Weise vor dem Betreten des Haftraums bemerkbar machen.

Türspione

Mit Ausnahme von Beobachtungsräumen sollen Türspione blickdicht gemacht werden, um die Privatsphäre der untergebrachten Personen zu schützen.

Übersetzung bei ärztlichen Gesprächen

Bei Gesprächen, deren Inhalt der ärztlichen Schweigepflicht unterliegt, muss die Vertraulichkeit gewahrt sein. Zudem müssen Fachbegriffe und Sachzusammenhänge richtig in die andere Sprache übersetzt werden. Bei Verständigungsschwierigkeiten ist ein Dolmetscherdienst in Anspruch zu nehmen. Die Übersetzung durch Mitgefangene oder nichtärztliches Personal der Einrichtung ist ungeeignet.

Umgang mit vertraulichen medizinischen Informationen

Um die Vertraulichkeit medizinischer Informationen zu wahren, sind Hinweise, z.B. auf Infektionskrankheiten, ausschließlich in der Krankenakte, nicht aber in der Gefangenenpersonalakte, zu vermerken. Dadurch wird sichergestellt, dass ausschließlich medizinisches Personal, nicht jedoch der Allgemeine Vollzugsdienst, Kenntnis darüber erhält.

Zustand von Hafträumen

In Justizvollzugsanstalten ist Gefangenen in ihrem Haftraum Zugang zu natürlichem, ungefiltertem Licht zu gewähren. Der Blick ins Freie darf nicht durch undurchsichtige Plexiglasscheiben oder ähnliches verhindert werden.

_______________________
1 BVerfG, Beschluss vom 05.03.2015, Az.: 2 BvR 746/13, Rn. 33.
2 BVerfG, Beschluss vom 10.07.2013, Az.: 2 BvR 2815/11, Rn. 16.
3 Definition: Siehe unter III 2.6 - Fixierung.
4 BVerfG, Urteil vom 24.07.2018, Az.: 2 BvR 309/15, Rn. 69.
5 DGPPN (2018): S3-Leitlinie „Verhinderung von Zwang: Prävention und Therapie aggressiven Verhaltens bei Erwachsenen“. Abrufbar unter diesem Link (abgerufen am 19.04.2023).
6 BVerfG, Urteil vom 24.07.2018, Az.: 2 BvR 309/15, Rn. 85.
7 6 qm stellen den absoluten Mindeststandard dar. Kleinere Hafträume verstoßen nach Auffassung der Nationalen Stelle gegen Art. 1 des Grundgesetzes. Darüberhinausgehende gesetzliche Anforderungen sind zu beachten und werden begrüßt.
8 BVerfG, Beschluss vom 22.02.2011, Az.: 1 BvR 409/09, Rn. 30.

 

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Standards Polizei

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STANDARDS FÜR BUNDES- UND LANDESPOLIZEI, ZOLL

Die Nationale Stelle soll Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe an Orten der Freiheitsentziehung verhindern und hat somit einen präventiven Auftrag. Hierzu ist es notwendig, dass ihre Empfehlungen nicht nur in den besuchten, sondern in allen Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet umgesetzt werden. Aus wiederkehrenden Empfehlungen leitet die Nationale Stelle Standards ab. Diese Standards werden kontinuierlich weiterentwickelt und sollen den Aufsichtsbehörden und Einrichtungen als Maßstab für eine menschenwürdige Unterbringung und Behandlung von Personen im Freiheitsentzug in allen Einrichtungen in ihrem Zuständigkeitsbereich dienen. So können menschenwürdige Unterbringungsbedingungen im Freiheitsentzug erreicht und trotz der hohen Anzahl von Einrichtungen die Wirksamkeit der Arbeit der Nationalen Stelle erhöht werden. Die Standards werden auch auf der Internetseite der Nationalen Stelle veröffentlicht.
Unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde hält die Nationale Stelle die folgenden Standards für unabdingbar.

1. Ausstattung und Zustand der Gewahrsamsräume

Im Gewahrsam ist darauf zu achten, dass die Ausstattung und der Zustand der Räume die Menschenwürde nicht beeinträchtigen. Die Gewahrsamsräume sollen jeweils mit einem Rauchmelder, Notrufknopf, regulierbarem Licht, einer schwer entflammbaren, abwaschbaren Matratze, einer Decke und einer Kopfunterlage ausgestattet sein. Wenn lediglich eine niedrige Liege zur Verfügung steht, soll zusätzlich eine Sitzgelegenheit in üblicher Höhe vorhanden sein.
Um den Schutz der im Gewahrsam untergebrachten Personen im Falle eines Feuers zu gewährleisten, ist es notwendig, die Gewahrsamsräume mit Rauchmeldern auszustatten.
Es ist zudem erforderlich, dass sich Personen im Freiheitsentzug durch einen Notrufknopf bemerkbar machen können. Die Funktionsfähigkeit der Notrufanlage muss gewährleistet sein und soll vor jeder Belegung überprüft werden.
Um einerseits Schlaf zu ermöglichen und andererseits der Verletzungsgefahr bei Dunkelheit vorzubeugen sowie die Orientierung im Raum zu erleichtern, soll in Gewahrsamsräumen die Möglichkeit bestehen, die Beleuchtung zu regulieren.
Auch bei kurzer Unterbringung im Gewahrsam soll natürlicher Lichteinfall vorhanden sein.
Außerdem soll die Raumtemperatur im Gewahrsam angemessen sein.

2. Belehrung

Personen im Freiheitsentzug sind unverzüglich und in jedem Fall über ihre Rechte zu belehren.
Belehrungsformulare sind hierzu in verschiedenen Sprachen bereit zu halten. Die Formulare müssen zumindest Informationen darüber enthalten, dass die Betroffenen das Recht haben, sich ärztlich untersuchen zu lassen, einen Rechtsbeistand zu konsultieren und eine Vertrauensperson sowie gegebenenfalls das Konsulat ihres Heimatstaates zu informieren. Belehrungen sollen im Gewahrsamsbuch dokumentiert werden, damit bei Schichtwechseln den übernehmenden2 Bediensteten auf einen Blick ersichtlich ist, in welchen Fällen eine Belehrung aus bestimmten Gründen noch nicht stattgefunden hat. Hat eine Belehrung bei Aufnahme nicht stattgefunden, ist sie nachzuholen.

3. Dokumentation

In Polizei- und Zolldienststellen soll die Gewahrsamsdokumentation aussagekräftig und nachvollziehbar sein. Dies dient dem Schutz der im Gewahrsam untergebrachten Personen, aber auch dem der zuständigen Bediensteten.
Dokumentiert werden sollen folgende Angaben:

  • die Personalien,
  • der Zeitpunkt des Beginns des Freiheitsentzuges,
  • die verantwortlichen Bediensteten bei der Einlieferung in das Gewahrsam und der Betreuung im Gewahrsam,
  • der gesundheitliche Zustand der Person,
  • ob die Person über ihre Rechte belehrt wurde,
  • ob die Person über den Grund des Freiheitsentzuges aufgeklärt wurde,
  • ob eine richterliche Anordnung eingeholt wurde,
  • die Begründung im Falle einer Durchsuchung mit Entkleidung,
  • Name der oder des durchsuchenden Bediensteten,
  • die Zeitpunkte der Kontrollen mit dem Namenskürzel der jeweiligen Bediensteten,
  • der Zeitpunkt und die Art der Verpflegung,
  • die Abnahme und die spätere Aushändigung von persönlichen Gegenständen,
  • der Entlassungszeitpunkt.
  • War eine Belehrung zu Beginn des Freiheitsentzuges nicht möglich, soll dokumentiert werden, ob diese spätestens zum Zeitpunkt der Entlassung nachgeholt wurde.

Die Dokumentation soll in regelmäßigen Abständen von Vorgesetzten auf vollständige Führung hin überprüft werden. Diese Kontrollen sollen vermerkt werden.

4. Durchsuchung mit Entkleidung

Durchsuchungen, die mit einer Entkleidung und Inaugenscheinnahme des Schambereichs verbunden sind, stellen einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar.1
Daher ist stets eine Einzelfallentscheidung zu treffen, ob Anhaltspunkte vorliegen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung begründen, und ob dieser Eingriff unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist.2
Im Falle einer Durchsuchung mit Entkleidung sollen die Gründe für die Entkleidung nachvollziehbar dokumentiert werden. Die Durchsuchung soll zudem so schonend wie möglich erfolgen, zum Beispiel in zwei Phasen, sodass jeweils eine Körperhälfte bekleidet bleibt.

5. Einsehbarkeit des Gewahrsams

Das Gewahrsam darf nicht von Dritten einsehbar sein.

6. Einsicht in den Toilettenbereich

Es ist auf jeden Fall sicherzustellen, dass in Gewahrsam genommene Personen nicht bei der Toilettennutzung beobachtet werden. Beispielsweise kann ein Sichtschutz so angebracht werden, dass keine Einsicht in den Toilettenbereich möglich ist.
Eine Überwachungskamera soll so angebracht sein, dass der Toilettenbereich nicht oder nur verpixelt auf dem Monitor abgebildet wird. Allein in Fällen akuter Selbstverletzungs- oder Suizidgefahr erscheint eine im Einzelfall abgewogene, begründete und nachvollziehbar dokumentierte Entscheidung denkbar, den Gewahrsamsraum ohne Einschränkung zu überwachen.
Bei jeder Kameraüberwachung, die den Toilettenbereich unverpixelt umfasst, soll ausschließlich eine Person desselben Geschlechts die Überwachung vornehmen.

7. Fesselung

Im Unterschied zu einer Fixierung versteht die Nationale Stelle unter einer Fesselung das Einschränken der Bewegungsfreiheit durch das Anbinden oder Aneinanderbinden der Arme oder Beine.
Das Anbinden von Personen an der Wand oder an einen sonstigen Gegenstand beeinträchtigt die Menschenwürde und ist zu unterlassen.
Um das Recht auf körperliche Unversehrtheit zu schützen, sollen für Fesselungen im Gewahrsam Handfixiergürtel aus Textil3 vorgehalten und verwendet werden.

8. Fixierung

Auf Fixierungen ist im Gewahrsam der Polizei und des Zolls vollständig zu verzichten.

9. Größe von Gewahrsamsräumen

Im Gewahrsam muss eine menschenwürdige Unterbringung gewährleistet sein.
Ein Einzelgewahrsamsraum muss über eine Grundfläche von mindestens 4,5 qm verfügen. In Sammelgewahrsamsräumen muss jeder Person eine Grundfläche von mindestens 3,5 qm zur Verfügung stehen.
Die gegenüberliegenden Wände eines Gewahrsamsraums müssen mindestens 2 m Abstand voneinander aufweisen und die Deckenhöhe muss deutlich mehr als 2 m betragen.

10. Kameraüberwachung

In Polizei- und Zolldienststellen soll eine Kameraüberwachung nur erfolgen, wenn sie im Einzelfall zum Schutz der Person unerlässlich ist. Die Gründe für die Kameraüberwachung sollen dokumentiert werden. Zudem muss die betroffene Person auf die Kameraüberwachung hingewiesen werden. Die bloße Sichtbarkeit der Überwachungskamera ist nicht ausreichend. Für die betroffene Person soll erkennbar sein, ob die Überwachungskamera eingeschaltet ist.
Es wird beispielsweise auf das Modell verwiesen, das Frontex auf Abschiebungsflügen verwendet.

11. Mehrfachbelegung von Gewahrsamsräumen

Für eine menschenwürdige Unterbringung ist es unabdingbar, dass bei Mehrfachbelegung von Gewahrsamsräumen die Toilette vollständig abgetrennt und gesondert entlüftet ist.

12. Recht auf ärztliche Untersuchung

Jede in Haft genommene Person hat einen Anspruch darauf, eine Ärztin oder einen Arzt zu konsultieren.

12a – Medizinische Überwachung beim Ausscheiden von Drogenpäckchen

Aufgrund des Gefährdungspotentials und um das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit bestmöglich zu schützen, soll eine sich in Gewahrsam befindende Person, welche Drogen inkorporiert hat, vor, während und nach dem Ausscheiden der Fremdkörper medizinisch überwacht werden.

13. Respektvoller Umgang

Der Umgang mit Personen im Freiheitsentzug soll respektvoll ausgestaltet sein. Hierzu gehört auch, dass sie grundsätzlich mit „Sie“ angesprochen werden und sich Bedienstete in geeigneter Weise vor dem Betreten des Gewahrsamsraums bemerkbar machen.

14. Unabhängige Beschwerdestellen und Ermittlungsstellen

Ein wesentliches Element der Prävention von Übergriffen durch Bedienstete ist, dass Fehlverhalten aufgedeckt, verfolgt und bestraft wird.
Es sollen in allen Bundesländern unabhängige Beschwerdestellen und Ermittlungsstellen geschaffen werden.4

15. Vertraulichkeit von Gesprächen

Vertrauliche Gespräche zwischen der betroffenen Person und ihrem Rechtsbeistand sind zu ermöglichen. Auch die Gespräche mit einer Ärztin oder einem Arzt sowie mit Angehörigen sollen vertraulich sein.

16. Waffen im Gewahrsam

Schusswaffen sollen vor dem Betreten des Gewahrsams abgelegt werden.
Der Einsatz von Pfefferspray in geschlossenen Räumen ist aufgrund der erheblichen gesundheitlichen Risiken in keinem Fall verhältnismäßig und soll daher innerhalb von Polizei- und Zolldienststellen unterlassen werden.5

 

____________________
1
BVerfG, Beschluss vom 05.03.2015, Az: 2 BvR 746/13, Rn. 33.
2 VG Köln, Urteil vom 25.11. 2015, Az: 20 K 2624/14, Rn. 115 ff.
3 Es wird beispielsweise auf das Modell verwiesen, das Frontex auf Abschiebungsflügen verwendet.
4 Siehe u.a. EGMR, Kummer ./. Tschechische Republik, Urteil vom 25.07.2013, Individualbeschwerde Nr. 32133/11, Rn. 83; Eremiášova
und Pechová ./. Tschechische Republik, Urteil vom 16.02.2012, Individualbeschwerde Nr. 23944/04, Rn. 135.
5 EGMR, Tali ./. Estland, Urteil vom 13.02.2014, Individualbeschwerde Nr. 66393/10, Rn. 78; CPT/Inf (2008) 33, Rn. 86.

 

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Standards Psychiatrie

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STANDARDS FÜR PSYCHIATRISCHE KLINIKEN

Die Aufgabe der Nationalen Stelle ist präventiv. Ihre Empfehlungen sollen nicht nur in den besuchten, sondern in allen Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet umgesetzt werden. Hierzu ist es notwendig, dass die Aufsichtsbehörden Empfehlungen, die zu einer spezifischen Einrichtung abgegeben wurden, auch auf vergleichbare andere Einrichtungen in ihrem Zuständigkeitsbereich übertragen. Aus wiederkehrenden Empfehlungen leitet die Nationale Stelle Standards ab. Diese Standards werden kontinuierlich weiterentwickelt und sollen den Aufsichtsbehörden und Einrichtungen als Maßstab für eine menschenwürdige Unterbringung und Behandlung dienen.
Unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde hält die Nationale Stelle folgende Standards für unabdingbar:

1 BEWEGUNG IM FREIEN

Allen Personen, denen die Freiheit entzogen ist, soll täglich mindestens eine Stunde die Möglichkeit zur Bewegung im Freien gegeben werden. Kindern und Jugendlichen soll dies noch deutlich umfangreicher ermöglicht werden.

2 DOKUMENTATION VON ZWANGSMAßNAHMEN

Die Dokumentation von Zwangsmaßnahmen soll umfassend, nachvollziehbar und vollständig sein. Die Maßnahme soll schriftlich ausformuliert werden. Dies beinhaltet auch die Dokumentation darüber, welche milderen Mittel vorab eingeleitet wurden und weshalb sie gescheitert sind.

3 FIXIERUNG

Die Nationale Stelle definiert den Begriff der Fixierung als die Entziehung der Bewegungsfreiheit durch das Festbinden von Armen, Beinen und gegebenenfalls der Körpermitte mit dem Ergebnis, dass die betroffene Person ihre Sitz- oder Liegeposition kaum selbstständig verändern kann. Sie stellt hierfür folgende Forderungen auf:
Fixierungen sind lediglich als ultima ratio und unter klaren und engen Voraussetzungen anzuordnen sowie auf den kürzest möglichen Zeitraum zu beschränken. Fixierte Personen müssen ständig und persönlich durch therapeutisches oder pflegerisches Personal überwacht werden, welches sich in der unmittelbaren Nähe befindet (Eins-zu-eins-Betreuung). Für eine nicht nur kurzfristige Fixierung ist zudem eine richterliche Entscheidung erforderlich.1 Die Maßnahme soll mit der betroffenen Person nachbesprochen werden.2 Außerdem ist sie nach Beendigung der Maßnahme auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Zulässigkeit der durchgeführten Fixierung gerichtlich überprüfen zu lassen.3

4 INFORMATIONEN ÜBER RECHTE

Patientinnen und Patienten müssen schriftlich über ihre Rechte in der psychiatrischen Einrichtung informiert werden. Bei jungen Menschen soll dies in altersgerechter Form geschehen.

5 KAMERAÜBERWACHUNG

Personen, die in psychiatrischen Einrichtungen untergebracht sind, sollen nicht anlassunabhängig und ununterbrochen kameraüberwacht werden. In keinem Fall kann und darf die Kameraüberwachung die Präsenz der Mitarbeitenden ersetzen. Die Gründe für die Kameraüberwachung sollen dokumentiert werden. Zudem muss die betroffene Person auf die Kameraüberwachung hingewiesen werden. Die bloße Sichtbarkeit der Überwachungskamera ist nicht ausreichend. Für die betroffene Person soll erkennbar sein, ob die Überwachungskamera eingeschaltet ist.

6 RESPEKTVOLLER UMGANG

Der Umgang mit Patientinnen und Patienten soll respektvoll ausgestaltet sein. Hierzu gehört grundsätzlich auch, dass die Patientinnen und Patienten mit „Sie“ angesprochen werden und sich das Personal durch Anklopfen an der Zimmertür vor dem Eintreten bemerkbar macht.

7 VERTRAULICHKEIT VON GESPRÄCHEN

In psychiatrischen Einrichtungen sollen Möglichkeiten geschaffen werden, die gewährleisten, dass persönliche und telefonische Gespräche vertraulich geführt werden können.

________________
1 BVerfG, Urteil vom 24.07.2018, Az: 2 BvR 502/16, Rn. 69.
2 DGPPN (2018): S3-Leitlinie „Verhinderung von Zwang: Prävention und Therapie aggressiven Verhaltens bei Erwachsenen. URL: https://www.dgppn.de/_Resources/Persistent/154528053e2d1464d9788c0b2d298ee4a9d1cca3/S3%20LL%20Verhinderung%20von%20Zwang%20LANG%2BLITERATUR%20FINAL%2010.9.2018.pdf(abgerufen am 27.02.2019).3 BVerfG, Urteil vom 24.07.2018, Az: 2 BvR 502/16, Rn. 85.

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